Book reviews 2009 [2]
Pott, Andreas: Orte des Tourismus. Eine raum- und gesellschaftstheoretische Untersuchung. 326 S., 16 Abb. und 3 Tab. transcript Verlag, Bielefeld 2007, € 28,80
In dem ersten Kapitel „Tourismus und Raum als gesellschaftstheoretische Herausforderung“ zeigt Andreas Pott, warum eine Beschäftigung mit Tourismus aus dem Blickwinkel der gesellschafts- und raumtheoretischen Debatten problematisch ist und daher kaum in Angriff genommen wurde. Während gesellschaftstheoretische Studien touristische Phänomene nicht berücksichtigen, werden tourismusbezogene Arbeiten nur selten gesellschaftstheoretisch eingebettet. Sein Anliegen ist jedoch, den Zusammenhang zwischen Gesellschaft, Tourismus und Raum zu beleuchten – und er tut dies mit systemtheoretischen Bezügen. Dies ist alles andere als nahe liegend, da Niklas Luhmann, ein wichtiger Vertreter der Systemtheorien, „neben dem Menschen auch alles Physisch-Materielle – und damit auch viele der Räume, auf die die Alltagssprache referiert – in die nicht-kommunikative Umwelt der Gesellschaft ‚verbannt’“ (S. 12) hat und somit – mit Blick auf das Thema Städtetourismus – weder an den Akteuren noch an den Orten des Tourismus Interesse zeigte. Dennoch scheint die Betrachtung des Phänomens Städtetourismus mit systemtheoretischen Bezügen dem Autor gewinnbringend zu sein, zumal er sich insbesondere auf Weiterentwicklungen der Systemtheorie stützt. Am Beispiel des Städtetourismus geht er folgenden Fragen nach: „Inwiefern fungiert Raum im Städtetourismus strukturbildend? Wie wird seine Entwicklung durch die Raumkategorie strukturiert und beeinflusst? Welche Rolle spielen räumliche Unterscheidungen und Formen für die Entstehung, die Reproduktion und die Veränderung städtetouristischer Strukturen?“ (S. 14).
In den folgenden vier Kapiteln wird mit systemtheoretisch geleitetem Blick das Phänomen Städtetourismus systematisch diskutiert. Im Kapitel „Städtetourismus und Raum“ wird eine systemtheoretische Konzeption von Raum entwickelt und die Bedeutung der Kontextualisierung raumbezogener Beobachtungen verdeutlicht. Vor dem Hintergrund eines beobachtungstheoretischen Ansatzes wird Raum als ein Medium der Wahrnehmung und der Kommunikation begriffen.
Anschließend wird das Verhältnis von Tourismus und Gesellschaft beleuchtet. Die entscheidende Frage einer gesellschaftstheoretischen Charakterisierung des Tourismus richtet sich nach Pott auf die gesellschaftlichen Bedingungen und Veränderungen, die sich hinter den vielfältigen Reisemotiven der Touristen verbergen. Die gängige Auffassung, Tourismus sei eine Reaktion auf die Entstehung entfremdeter Arbeit im Zuge der Industrialisierung (S. 54), wird infrage gestellt. Es wird stattdessen die „zentrale alltägliche Zumutung der modernen Gesellschaft“ betont, die auf ausgeprägten Spezialisierungen und abstrakten Beschränkungen im Alltag beruht, und gezeigt, dass auch die moderne (Arbeits-)Welt den Menschen erholungsbedürftig macht. Tourismus dient demnach der Strukturlockerung und Strukturvarianz.
In den beiden folgenden Kapiteln wird zunächst die Form des Städtetourismus als spezifischer Sinnzusammenhang der modernen Gesellschaft untersucht und Städtetourismus als privat motivierter Kulturtourismus entwickelt. Anschließend wird argumentiert, dass Städtetourismus als Erholung in oder durch Kultur gesehen werden kann, indem alltägliche Urbanität durch touristische Urbanität ersetzt wird.
Bis an diese Stelle kommt die elegant strukturierte und inspirierende Arbeit ohne jegliche Abbildungen aus. Die Lektüre dürfte bis hierhin jedoch eher den/die gesellschaftstheoretisch interessierte/n Leser/in ansprechen als denjenigen/diejenige, der/die sich für das Phänomen Tourismus interessiert. Für Tourismusspezialisten bieten die Ausführungen jedoch eine ungewöhnliche systemtheoretische Perspektive auf ihren Forschungsgegenstand. Im anschließenden Kapitel mit dem Titel „Ortssemantik und städtetouristische Entwicklung“, in dem der Zusammenhang zwischen städtetouristischen Semantiken und Städtetouristen dargestellt sowie die Entstehungsgeschichte des städtetouristischen Reiseziels Wetzlar rekonstruiert wird, kommt vermutlich eher der/die Tourismusforscher/in unter den Lesern auf seine/ihre Kosten.
Es gelingt Andreas Pott durchaus sehr überzeugend, den Zusammenhang zwischen Gesellschaft, Tourismus und Raum zu beleuchten und zu zeigen, inwieweit systemtheoretische Bezüge für die Geographie fruchtbar sein können. Es bleibt jedoch die Frage, ob diese Arbeit gesellschaftstheoretisch und tourismusbezogen Interessierte gleichermaßen anzusprechen vermag. Wenn man jedoch sowohl an gesellschaftstheoretischen Debatten als auch am Phänomen Städtetourismus Interesse findet, ist sie ohne jeden Zweifel ein Gewinn.
Renn, Ortwin; Schweizer, Pia-Johanna; Dreyer, Marion und Klinke, Andreas: Risiko. Über den gesellschaftlichen Umgang mit Unsicherheit. 271 S., 15 Abb. und 7 Tab. oekom Verlag, München 2007, € 24,80
Risikoforschung richtet sich auf das Spannungsfeld zwischen unabwendbaren Gefahren („Gefahren ausgesetzt sein“) und zukunftsgerichteten, kalkulierten Risiken („Risiken eingehen“). Der gesellschaftliche Umgang mit Risiken bezieht sich daher immer auf eine unvorhersehbare Zukunft. Allerdings stehen jetzt und heute Entscheidungen über Risiken an, die weit in die unsichere Zukunft hineinreichen. Dies ist das Grunddilemma des Risikohandelns. Folgen wir Ulrich Becks „Weltrisikogesellschaft“ (2007), so machen globale Risiken – von der Finanzkrise bis zum Klimawandel – immer riskantere gesellschaftliche Entscheidungen notwendig, die heute die Zukunft der Weltgesellschaft bestimmen, ohne dass die Entscheidungsgrundlagen offen liegen. Risiko wird damit zu einem neuen Vermittlungsthema zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Technik und den Medien, bei dem die Schnittstellen zwischen Risikokalkül und Sicherheitsbedarf unter Bedingungen von Unsicherheit immer neu ausgehandelt werden müssen.
Auf dieses Dilemma – heute Entscheidungen über den gesellschaftlichen Umgang mit einer unsicheren Zukunft fällen zu müssen – richtet sich das vorliegende Buch, das von einem Autorenteam um den Stuttgarter Umwelt- und Techniksoziologen Ortwin Renn im Rahmen einer Sondierungsstudie des BMBF vorgelegt wurde. Renn und sein Mitautorenteam möchten mit diesem Buch eine wissenschaftlich fundierte und gleichzeitig politisch befriedigende Antwort auf die Frage geben, wie hoch die Risiken in der modernen Welt tatsächlich sind, wie die Gesellschaft sicherstellen kann, dass ökonomische, zivilgesellschaftliche und politische Regulierungsformen tatsächlich greifen und welche Rolle dabei der Risikoforschung zukommt.
Das Buch beginnt im Kapitel 2 mit einer Diskussion verschiedener Risikokonzepte. Dabei werden technisch-naturwissenschaftliche Konzepte von Risiko mit sozialwissenschaftlicher Risikoanalyse kontrastiert. Die Autoren postulieren, dass beide Zugänge komplementär sein müssen, und sie bezeichnen ihren eigenen Ansatz als den eines „moderaten Realismus“, der im Spannungsfeld zwischen realistischen und konstruktivistischen Ansätzen der Risikoforschung eher dem Realismus zuneigt. Diese Positionierung wirkt allerdings wenig überzeugend, wird doch eingangs festgestellt, dass Risiken, wenn sie denn als gesellschaftlich gestaltbar und zukunftsgerichtet begriffen werden, immer in gesellschaftliches Erfahrungswissen eingebettet und gesellschaftlich wahrgenommen, interpretiert, bewertet, ausgehandelt und konstruiert werden. Das gilt in besonderem Maße für „systemische“ Risiken wie Finanzkrisen oder Klimawandel, die in einem recht isoliert wirkenden fünften Kapitel als globalisierte, entgrenzte, hoch komplexe und überaus unsichere Formen von Risiken vorgestellt und nachträglich in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt werden. Das dritte Kapitel des Buches ist ein eher deskriptiver, technisch orientierter Abriss zum Konzept von „risk governance“, hier als Risikoregulierung übersetzt. Die Behandlungskette der Risikoregulierung reicht dabei von der Problemdefinition über die Risikoabschätzung und Risikowahrnehmung bis hin zur Risikobewertung und abschließend zum Risikomanagement. Parallel dazu tritt die Risikokommunikation, die in allen Phasen der Risikoregulierung zwischen Risikoverursachern, Risikoträgern und dem eigentlichen Regulierungshandeln vermittelt. Leider kommt es in diesem ansonsten instruktiven Kapitel zu zahlreichen Wiederholungen aus dem vorhergehenden Abschnitt des Buches, z.B. über Fragen der Risikowahrnehmung. Recht unvermittelt folgt dann ein viertes Kapitel zur sozialökologischen Fundierung der Risikoforschung, ohne dass die Autoren zuvor angedeutet haben, dass es ihnen von nun an in erster Linie um systemische Risiken und dabei speziell um Umweltrisiken gehen soll, die sich an der Schnittstelle von physischer und materieller Welt manifestieren. In diesem Kapitel finden sich anregende Hinweise für eine geographische, auf Gesellschafts-Natur-Verhältnisse ausgerichtete Forschung. Allerdings bleibt die erkenntnistheoretische Tiefe dieser Risikokonzeption weit hinter der von Becker und Jahn (2006) vorgestellten „Sozialen Ökologie“ zurück. Das gilt vor allem, wenn es um die Beziehungen und Rückkopplungen zwischen gesellschaftlichen und natürlichen Dimensionen von Risiken geht und um die Kernfrage der sozialen Ökologie, nämlich die nach der Regulation der gesellschaftlichen Naturverhältnisse. Das letzte, sechste Kapitel des Buches befasst sich abschließend mit Risikopartizipation und mit den theoretischen Begründungen und konkreten Erfordernissen von Beteiligungsverfahren. Auf der Grundlage der Theorie des kommunikativen Handelns von Habermas und seinem Primat des herrschaftsfreien Diskurses plädieren die Autoren für partizipatorische, verständigungsorientierte Formen zivilgesellschaftlicher Beteiligung an den gesellschaftlichen Entscheidungen zur Risikoregulierung und für ein diskursives Risikomanagement. Hier wie im Kapitel zur „risk governance“ merkt man dem Buch besonders deutlich an, dass es eine Auftragsarbeit für das BMBF darstellt.
Für die Geographische Risikoforschung bietet das Buch wichtige Anregungen, speziell was die konzeptionellen Grundlagen und die Komponenten der Risikoregulierung betrifft. Auch die Überlegungen zu den Verteilungswirkungen, Gerechtigkeitsprinzipien und Konfliktpotentialen von Entscheidungsprozessen bei der Risikoregulierung geben wichtige Hinweise auf geographische Dimensionen der Risikoforschung. Die Ausführungen zur sozialökologischen Ausrichtung der Risikoforschung bleiben dagegen deutlich hinter den kritischen Diskussionen zu integrativen Ansätzen in der Geographie zurück (z.B. Egner 2008). Auch werden Konzepte von gekoppelten sozialökologischen Systemen und Fragen von sozialökologischer Verwundbarkeit, Anpassung und Resilienz, die in der (geographischen) Forschung über globalisierte Umweltrisiken eine immer wichtigere Bedeutung als Querschnittsthemen einnehmen, gar nicht angesprochen. Weiterhin bleibt die kritische Rolle von Skalenfragen, etwa im Spannungsfeld zwischen globalen Risiken und lokalen Verwundbarkeiten, unerwähnt. Schließlich fehlen empirische Beispiele über den gesellschaftliche Umgang mit Unsicherheit und konkrete Belege dafür, wie partizipatorische Beteiligungsverfahren bei der Risikoregulierung tatsächlich wirksam werden.
Wenn sich die Risikoforschung auf globale, systemische Risiken konzentriert, so wie es die Autoren dieses Buches tun, dann stellt sich nicht zuletzt die Frage nach den Möglichkeiten und speziell nach den Grenzen der gesellschaftlichen Risikoregulierung. Das gilt besonders, wenn solche Risiken als Bumerangeffekte einer selbst zerstörerischen und immanent krisenhaften industriell-technischen Zivilisation begriffen werden. Nicht die Versäumnisse oder Niederlagen der Moderne, so Beck in seiner „Weltrisikogesellschaft“, führen zu globalen Umweltrisiken und Destabilisierungen, sondern gerade ihre Siege. Bei der Regulierung systemischer Risiken geht es demzufolge weniger um das Management der „Risikogesellschaft“ denn um Grundfragen zu „Risiko Gesellschaft“ (Görg 2001). Vor diesem Hintergrund kann Risikoregulierung nicht ganz darauf verzichten, auch nach den gesellschaftlichen Ursachen von neuen Risiken zu fragen und gesellschaftliches Handeln auf die Entstehungsbedingungen von globalen Risiken zu richten. Schließlich zeigt die wissenschaftliche Beschäftigung mit komplexen, letztlich nicht vorhersehbaren Risiken immer deutlicher, dass mehr Erkenntnisse über Risiko zwar das Risikobewusstsein schärfen und Risiken kollektiv sichtbar machen können, dass aber Unsicherheiten und Ungewissheit, Nichtwissen oder gar Nicht-Wissen-Können (Kasperson u. Kasperson 2005) die normative Kraft von Wissenschaft untergraben. Eine Risikoforschung, die sich wie das vorliegende Buch auf den gesellschaftlichen Umgang mit Unsicherheit konzentriert, muss sich daher auch darauf einrichten, gerade das Nichtwissen und das Nichtwissbare zu kommunizieren.
Literatur
Beck, U. (2007): Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit. Frankfurt.
Becker, E. u. Jahn, T. (Hg.) (2006): Soziale Ökologie. Grundzüge einer Wissenschaft von den gesellschaftlichen Naturverhältnissen. Frankfurt, New York.
Egner, H. (2008): Gesellschaft, Mensch, Umwelt – beobachtet: Ein Beitrag zur Theorie der Geographie. Erdkundliches Wissen 145. Stuttgart.
Görg, C. (2001): Risiko Gesellschaft. Naturverhältnisse in der Theorie Luhmanns. In: Demirovic, A. (Hg.): Komplexität und Emanzipation. Kritische Gesellschaftstheorie und die Herausforderung der Systemtheorie Luhmanns. Münster.
Kasperson, J. X. u. Kasperson, R. E. (2005): The social contours of risk. London.
Kötz, Benjamin: Estimating Biophysical and Biochemical Properties over Heterogeneous Canopies – Radiative Transfer Modeling in Forest Canopies Based on Imaging Spectrometry and LIDAR. 85 S., 13 Abb. und 8 Tab. CD-ROM. Remote Sensing Series 46. http://www.dissertationen.unizh.ch/titelalphabet.html. Remote Sensing Laboratories, Department of Geography, University of Zurich, Zürich 2007
Die Publikation von Benjamin Kötz, die die Zusammenfassung einer kumulativen Dissertation ist, gliedert sich in drei Teilbereiche. Der erste Abschnitt führt auf das Thema hin und gibt einen umfassenden Überblick über Ansätze zur Ableitung biophysikalischer und biochemischer Parameter von Vegetationsbeständen mit Fernerkundungsdaten. Der zweite Teil besteht aus drei, in hochrangigen Fernerkundungszeitschriften (Remote Sensing of Environment, IEEE Geoscience and Remote Sensing Letters) veröffentlichten Aufsätzen im Original. Der letzte Abschnitt fasst die drei Publikationen zusammen und gibt einen Forschungssausblick.
Herr Kötz bzw. die Fernerkundungsgruppe an der Universität Zürich widmen sich unter anderem einem zentralen Thema der Fernerkundung, der quantitativen Ableitung von Ökosystemparametern. Sie greifen dabei auf Strahlungstransfermodelle zurück, über deren Invertierung die Vegetationsparameter bestimmt werden. Dafür wenden sie Strahlungstransfermodelle auf optische Fernerkundungsdaten und LIDAR Daten an. Die Einbeziehung der LIDAR Daten macht es sehr viel besser möglich, die 3-dimensionale Struktur von Vegetationsbeständen zu erfassen. Herr Kötz ist nicht nur der Erstautor der drei in seiner Dissertation verwendeten Aufsätze, sondern auch Co-Autor weiterer Artikel in hochrangigen Zeitschriften, was die Bedeutung und Qualität der Studien zu der Thematik unterstreicht. Die einzelnen Aufsätze sollen hier nicht im Detail besprochen werden, da sie ja bis zu ihrer Veröffentlichung schon einem ausgiebigen Reviewprozess unterlagen. Sie sind auch tatsächlich veröffentlichungswürdig, was auch in peer review-Zeitschriften nicht unbedingt immer der Fall sein muss.
Im ersten Artikel beschreibt Herr Kötz Geländeuntersuchungen zur Waldstruktur am Ofenpass (Schweiz) und die Ableitung von Strukturparametern mit Feldspektrometerdaten und einem flugzeuggestützten optischen System über Strahlungstransfermodelle. Da die Geländeuntersuchungen nicht zentraler Bestandteil des Aufsatzes sind, werden sie nur sehr knapp beschrieben. Gerade bei der Messung des Blattflächenindex wäre eine kritische Reflexion der Geländeergebnisse wünschenswert. Bei der Diskussion der Ergebnisse fällt in Figur 5 auf Seite 41 auf, dass einige Parameter eine ungünstige Verteilung aufweisen. Auf diesen Aspekt wird nicht eingegangen. Das Problem der Parameterverteilung stellt sich auch im zweiten Aufsatz (Fig. 3, S. 50), in dem LIDAR Daten mit synthetischen Waldparametern und Felddaten (Ofenpass) verknüpft werden. Im dritten Aufsatz werden nun optische Daten mit LIDAR Daten kombiniert. Das Strahlungstransfermodell wurde in diesem Fallbeispiel allerdings ausschließlich mit einem synthetisch generierten Waldmodell (ZELIG) für einen Standort in Maine (USA) gerechnet. Wie Herr Kötz richtig bemerkt, ist es so möglich, ein breiteres Spektrum an Waldstrukturen abzudecken, was sich auch in den Verteilungen der Waldparameter zeigt (Fig. 2, S. 63; Fig. 3, S. 64). Es ist aber auch nicht möglich, die Daten direkt zu validieren. Dies ist auch die Hauptkritik an dem Inhalt der Arbeit, in der insgesamt die Validierung mit unabhängigen Geländedaten fehlt. Es stellt sich zudem die Frage, warum die Kombination der beiden Fernerkundungssysteme nicht auch am Ofenpass erfolgte. Damit wäre an einem Fallbeispiel die Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Ansätze überprüft worden und die Modellergebnisse hätten auch im Gelände relativ einfach validiert werden können.
Der wissenschaftliche Gewinn, den die Arbeit über die verwendeten Publikationen bietet, steht trotz der Kritikpunkte außer Zweifel. Warum aber umständlich aus einzelnen Aufsätzen ein publiziertes Gesamtwerk produziert wurde, ist zu hinterfragen. Die Einleitung zur Thematik im ersten Teil der Arbeit ist ebenso holprig wie fast überflüssig. Nahezu alle Aspekte werden in den Einleitungen der jeweiligen Aufsätze behandelt, was für die Aufsätze ja zwingend notwendig ist. Auch die Literatur, die im ersten Abschnitt zitiert wird, wiederholt sich in den Einzelpublikationen oder bringt keine neuen Erkenntnisse. Im abschließenden Teil fasst Herr Kötz die Ergebnisse stringent zusammen und gibt darauf aufbauend einen Ausblick für weitere Arbeiten. Aber das rechtfertigt nicht unbedingt eine „Monographie“, die allerdings auch „nur“ elektronisch vorliegt.
Caviedes, César N.: El Niño. Klima macht Geschichte. 167 S., 80 meist farb. Abb., und 4 Tab. Primus Verlag, Darmstadt 2005, € 29,90 / sFr 49,90
Caviedes, der sich seit den 60er Jahren mit der ENSO-Forschung sowie der Klimatologie Südamerikas und dem Karibischen Raum beschäftigt, hat mit seinem Buch „El Niño. Klima macht Geschichte“ ein umfassendes Werk zur El Niño-Thematik verfasst, das nahezu die gesamte Bandbreite der globalen Auswirkungen des Phänomens anspricht. Neben einem Einblick in die Grundthematik des atmosphärisch-ozeanischen Phänomens wird auch der Einfluss von El Niño auf bedeutende Ereignisse hinsichtlich des kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen und sogar militärischen Geschehens wiedergegeben. Die umfassende Ausleuchtung der Thematik spricht daher natur- als auch geisteswissenschaftlich Interessierte gleichermaßen an. Abgerundet werden die Ausführungen durch eine spannende Sprache, in die auch persönliche Erlebnisse des Autors einfließen und von dessen Forschungen zeugen. Das Buch ist eine Übersetzung des bereits 2001 in Gainsville (University Press of Florida) von Caviedes publizierten Buches „El Niño in History. Storming through the ages“. Gegenüber der Originalausgabe ist es jedoch durch Einbezug von Literatur bis ins Jahr 2003 aktualisiert und zusätzlich um einen Komplex „ENSO und Europa“ erweitert worden.
Kapitel 1 führt kurz in die ozeanisch-atmosphärischen Grundlagen ein, wobei diese Thematik auch global abgehandelt wird, inklusive einer Beschreibung der gesamten pazifischen und atlantischen Oszillationen. Leider fehlen nach dieser Einführung zur allgemeinen Klimatologie die El Niño-typischen Zirkulationsmodifikationen, insbesondere der Walker-Zirkulation. Z. B. wäre ein Pendant zu den Abbildungen 1.4 und 1.5 notwendig gewesen, um dem interessierten (Erst-)Leser eine bildliche Vorstellung von den speziellen Veränderungen während El Niño zu vermitteln. Ergänzt wird das Einleitungskapitel durch einen kurzen Exkurs hinsichtlich der Auswirkungen von El Niño auf verschiedene Ökosysteme aber auch auf die sozioökonomischen Bereiche vornehmlich der südamerikanischen südhemisphärischen Westküstenstaaten. Der Schwerpunkt des Buches liegt jedoch auf den El Niño-Telekonnektionen, zu denen nach der Einleitung rasch übergegangen wird. Das zweite Kapitel ist überschrieben mit „Auf der Suche nach El Niño in der Vergangenheit“. Es gibt einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, wie Klima und Klimaschwankungen erfasst bzw. beschrieben wurden und zeigt Alternativen, mit denen Wetterinformationen über die Vergangenheit gewonnen werden können. Anschließend wird Fragen nachgegangen, wie El Niño in der ostpazifischen Region die Eroberung des Inka-Reiches gesteuert und die Umwelt- und Lebensbedingungen von der Kolonial- bis zur Neuzeit beeinflusst haben könnte.
Die mit El Niño einhergehende starke Erwärmung der Atmosphäre im Zentral- und Ostpazifik ändert die atmosphärischen Abläufe grundlegend. Insbesondere eine Intensivierung der Temperaturgradienten führt zu einer Verstärkung der Frontogenese in Richtung der Außertropen. Eine erhöhte Zyklonenaktivität mit veränderten Zugbahnen tropischer und außertropischer Zyklonen bestimmt das Witterungsgeschehen und führt auch global zu Niederschlagsanomalien. Diese Thematik wird in den Kapiteln 3 „Die tobenden Meere des El Niño“ und 4 „Trockenheit in den Tropen“ aufgegriffen. Thema des dritten Kapitels sind Schiffsunglücke im Zusammenhang mit El Niño-induzierten Stürmen in verschiedenen Regionen des Pazifiks und Atlantiks bis in die Nordsee. Leider werden in den Teilkapiteln die Zusammenhänge nicht eindeutig nachgewiesen. Bezüglich der Nordsee erfolgt eine Auflistung der Sturmjahre bzw. Jahre mit besonders häufigen Schiffsunglücken, die vor, während oder nach El Niño stattfanden. Caviedes wertet dies als Anzeichen dafür, dass es Telekonnektionen gibt. Durch die Telekonnektionsforschung weiß man jedoch, in welchen Zeitfenstern Auswirkungen auf bestimmte Regionen zu erwarten sind. Leider fehlt an dieser Stelle eine konkrete Beziehung zwischen räumlichen Auswirkungen und der zeitlichen Beziehung zu El Niño. Im Teilkapitel „Gefürchtete Winterstürme vor der Küste Chiles“ erklärt der Autor die bekannten Niederschlagsanstiege vor einem El Niño-Ereignis im Bereich der chilenischen Ostküste mit einer Häufung von Tiefs und Fronten. Obwohl er auch aktuelle Thematiken wie die Madden-Julian Oscillation (MJO) sowie verschiedener pazifischer und atlantischer Oszillationen in seinem Buch verarbeitet hat, wird an dieser Stelle kein Zusammenhang zwischen den Niederschlägen und der MJO oder den Aktivitäten der südpazifischen Konvergenzzone hergestellt. Kapitel 4 greift die verschiedensten möglichen Wirkungsweisen ausbleibender Niederschläge auf. Eine eingangs abgedruckte Karte (Abb. 4.1) zeigt globale Dürregebiete im Zusammenhang mit El Niño. Leider wird in den Ausführungen nur marginal auf die Abbildung eingegangen – weist sie nämlich auch die Hauptniederschlagsgebiete während El Niño in Ecuador und Nordperu als Dürreregion aus. Die Ausführungen dieses Kapitels beschreiben dann zunächst die sozioökonomischen Folgen zweier bekannter Telekonnektionsgebiete auf dem südamerikanischen Kontinent im Bereich des Altiplano um den Titicacasee und in Nordostbrasilien. Die anschließenden Teilkapitel verbinden „Tod und Unruhen im Afrika“ südlich der Sahara, „Hungersnöte und unzuverlässige Monsune in Indien“, „Waldbrände in Australien“ und „Missernten in Mexico“ mit El Niño. Dem „Übergang von El Niño zu La Niña“ ist Kapitel 5 gewidmet. Nach einer Aufzählung der La Niña-Merkmale nach einschlägigen Kriterien wie dem Southern Oscillation Index, den Meeresoberflächentemperaturen und den Niederschlagsanomalien wird der Umschwung des Systems Ozean-Atmosphäre vom El Niño- zum La Niña-Zustand diskutiert. Ein Erklärungsansatz liefert hierzu der von Vallis 1986 veröffentliche „bifurcation effect“ in chaotischen Systemen. Als auslösende Effekte nennt Caviedes Vulkanausbrüche, Erhöhung der Sonneneinstrahlung oder eine Abschwächung der großen Luftdruckzellen über dem Pazifik (S. 82). In zwei anschließenden Unterkapiteln wird die Zyklonen- und Hurrikanaktivität im Atlantik während El Niño und La Niña für die Gegenwart und Vergangenheit beschrieben. Das mit „Spuren von El Niño in der Weltgeschichte“ überschriebene Kapitel 6 knüpft an Publikationen an, politisch historische Ereignisse mit dem Klima- oder Umweltgeschehen zu verbinden. Als Beispiele sind der Russland-Feldzug im 2. Weltkrieg, die Dürren der 60er und 70er Jahre im Sahel als Auslöser für den Sturz Haile Selassies, Hoch- und Niedrigwasserstände am Nil und Unwetter während der kleinen Eiszeit sowie der Untergang der Titanic aufgegriffen.
Das gegenüber der englischsprachigen Ausgabe ergänzte Kapitel 7 „Der Widerhall von El Niño in Europa“ beschäftigt sich mit den Telekonnektionswirkungen auf Europa. Hier werden intensiv die verschiedenen Oszillationen (Nordatlantische Oszillation (NAO), Arktische Oszillation (AO), Nordpazifische Oszillation (NP), Pazifisch-Nordamerikanische Oszillation (PNA)) etc. mit dem ENSO-Zyklus in Zusammenhang gestellt. Die anschließenden Unterkapitel beschreiben Telekonnektionen von der Gegenwart, inklusive dem Sommer 2002, bis in die Anfangszeiten der kleinen Eiszeit. Das achte Kapitel „El Niño im Nebel der Vergangenheit“ folgt mit den Unterkapiteln „Auf der Suche nach Mega-Niños“, „Überschwemmungen im Land der Chimú, Peru“ usw. der Thematik von Kapitel 2 und hätte m.E. auch dort eingegliedert werden können. Den Ausklang des Buches bildet das Kapitel 9 „Offene Fragen“. Mit seinem Buch wollte Caviedes den Versuch einer interpretativen Klimanachhersage unternehmen. Intensiv geht der Autor auf die Sonnenfleckenzyklus-These von Friis-Christensen & Lassen (1991) ein, die er aber bereits im Eingangkapitel 1 (S. 14) revidiert hat.
Caviedes führt uns vor Augen, welche Auswirkungen das im Pazifik ansässige El Niño-Phänomen für das Weltklima hat und darüber hinaus wie das Wetter mit seinen unterschiedlichen Witterungsverläufen die Geschicke und Geschichte der Menschheit leitet. Die insgesamt breite Thematik spricht eine mannigfache Leserschaft an. Damit bietet das Buch ein breites Spektrum interessanter Denkanstöße, die sicherlich auch für Forschungsideen Raum lassen.
Wagnon, Patrick; Vincent, Christian; Six, Delphine und Francou, Bernhard: Gletscher. 152 S. und zahlr. farb. Photos. Primus Verlag, Darmstadt 2008, € 39,90 / sFr 67,-
Das vorliegende, vom Verlag als „Text-Bildband“ bezeichnete Buch schlägt jeden Leser visuell sofort in den Bann, nicht nur den überzeugten Glaziologen. Die größtenteils großformatigen Bilder bestechen nicht nur durch eine hervorragende Qualität auf einer ästhetischen Ebene, sondern sind auch didaktisch-fachlich von hohem Wert. Sie bilden exemplarisch und teils lehrbuchhaft verschiedene bekannte glaziologische und glazialmorphologischen Phänomene ab, welche sich durch die exzellente Auswahl der Bildmotive leicht erschließen. Der regionale Fokus der Bildbeispiele und beispielhaften Ausführungen im Text liegt dabei auf den französischen Alpen und den tropischen Gletschern Südamerikas, den Hauptuntersuchungsgebieten der Autoren.
Das Buch ist kein reiner Bildband, sondern enthält einen erläuternden Text, der in 10 Kapitel untergliedert ist. Seine Spannbreite reicht von einer Übersichtsdarstellung der verschiedenen Elemente der globalen Kryosphäre über die Eisbewegung, die Beziehung zwischen Gletschern und Klima, die Gletschergeschichte seit der „Kleinen Eiszeit“ bis zu einem Ausblick über die Zukunft der Gletscher. Innerhalb des kompakten Textes sind die Ausführungen über Gletscher als Ressourcen bzw. Gletscher als Naturrisiken in Hochgebirgen positiv hervorzuheben, da jene Aspekte von der breiten Öffentlichkeit in Mitteleuropa leider noch immer zu selten wahrgenommen werden.
Angesichts der von den Verfassern ausgewählten Zielgruppe der breiten Öffentlichkeit erscheint der Text in Verbindung mit der im Vorwort formulierten Zielsetzung, den Lesern Lust auf das Universum der Gletscher zu machen, um ihnen Bewunderung und Respekt vor diesen Naturelementen abzuverlangen, von Umfang und Detailgenauigkeit her perfekt gelungen. Zwei Kritikpunkte werden dem glaziologisch vorgebildeten Leser jedoch relativ schnell ins Auge fallen. Zum einen fehlt leider ein enger Bezug zwischen Text und Bildern. Obwohl die Bilder fast durchweg hervorragende Bildbeispiele für die Ausführungen im Text darstellen, fehlen jegliche Bildverweise. Als Folge erscheinen die Bildunterschriften separat betrachtet bisweilen als etwas zu knapp und beschränken sich zu stark auf die Beschreibung der abgebildeten Lokalität, ohne auf die zu erkennenden Phänomene im Detail nochmals einzugehen. Dies ist angesichts der faszinierenden Bilder eine verschenkte Chance.
Als zweiter Punkt bleibt zum Text selbst zunächst anzumerken, dass er trotz der kompakten Struktur wissenschaftlich korrekt und auf dem neuesten Wissenstand ist. Allerdings sollten einige der verwendeten Begriffe auf keinen Fall in einer aktuellen Veröffentlichung auftauchen (z.B. „galoppierender Gletscher“ für surging glaciers oder der im Deutschen völlig unbekannte Begriff „Hammelrücken“ für Rundhöcker). Auch die Verwechslung von Seiten- mit Ufermoränen (Lateralmoränen) ist als Negativbeispiel zu nennen. Es wäre sicherlich auch möglich, unglückliche Begriffe wie z.B. „Längsmoränen“ bzw. „schwarze Adern“ zu vermeiden und durch die entsprechenden korrekten Fachbegriffe zu ersetzen. Die Formulierung „..seit 30 bis 40 Millionen Jahren befindet sich die Erde wiederum in einer Kaltzeit...“ (S.99) mag für den Laien missverständlich sein. Es könnten noch einige andere veralterte oder unscharfe Begriffe hier aufgeführt werden, doch erklärt sich deren Verwendung vermutlich aus dem Umstand der Übersetzung des (dem Rezensenten unbekannten) französischen Originaltextes. Gleichwohl sollten Studierende, insbesondere fortgeschrittene Semester, auf diesen Umstand hingewiesen werden (speziell beim Kapitel „Gletscher als Bildhauer“).
Zusammenfassend kann trotz der oben angesprochenen leichten textlichen Mängel das Buch als ein guter und vor allem ästhetisch-visuell sehr gelungener Einstieg in das komplexe Thema „Gletscher“ bezeichnet werden. Speziell dem Leser ohne Vorkenntnisse wird die faszinierende Natur der Gletscher in eindrucksvoller Weise näher gebracht.
Löffler, Jörg and Stadelbauer, Jörg (eds.): Diversity on Mountain Systems. Studies in Mountain Environments: prepared by members of the ‘Working Group on High Mountains’, German Geographical Society (DGfG). Submitted to the Commission C04.08, ‘Diversity in Mountain Systems’, of the International Geographical Union (IGU) on the occasion of the 31st International Geographical Congress, Tunis 2008. 175 S., zahlr. Abb. und Tab. Colloquium Geographicum 31. Asgard-Verlag, St. Augustin 2008, € 15,-
This collection of 10 papers was prepared by members of the ‘Working Group on High Mountains’ of the German Geographical Society and submitted to the IGU Commission on Diversity in Mountain Ecosystems at the 31st International Congress in 2008. The first paper, by Jörg Stadelbauer, provides an introduction to the overall theme, discussing inter alia the various ‘mountain’ Commissions of the IGU since 1968 in the context of scientific and policy/political trends. While it is a useful introduction, the inclusion of more key references would have made it significantly more valuable as an overview of mountain research and institutions over four decades. While the paper understandably emphasises German – and to some extent Swiss – mountain geographers, very little is said about Austrian scientists. A sentence in the third paragraph (p. 7) states “Not much has happened in mountain research since 2002”. Fortunately, this is not true, as shown by subsequent parts of the same paper and those that follow it.
These papers are highly diverse in their themes and geographical scope, varying from global overviews to national and sub-national case studies. The first paper, by Matthias Kuhle, presents and discusses a global typology of glacier altitudinal levels, illustrated also by examples from different mountain regions. It is notable that the key ‘scatter diagram’ (Fig. 4) does not have any scatter points. This paper is followed by two focussing on plant diversity. The first, by Friederike Grüninger and Thomas Fickert, focuses on the importance of spatial scale, particularly in relation to the southwestern USA, drawing on both past literature and the authors’ own research. Among dry regions, this has particularly high beta- and gamma-diversity and, in this context, the importance of floral history is noted. The second paper, by Jörg Löffler and Roland Pape, mainly presents their own research on plant diversity and reindeer pastoralism in northern Norway.
The remaining papers are from within human, rather than physical, geography. The first two both address the Andes. Christoph Stadel provides a well-argued overview of the importance of agrarian diversity for the resilience of rural communities in changing socio-economic contexts. He ends with proposals for further research and development in this dynamic region. At a smaller scale, Perdita Pohle reports on ethnographic research among contrasting communities in and around Podocarpus National Park in southern Ecuador. While indigenous communities appear to use plant resources in ‘sustainable’ ways, with generally positive outcomes for (agro-)biodiversity, immigrant mestizo-colonos burn forests to create pastures for cattle ranching. This paper clearly underlines many of the issues presented by Stadel, and introduces the potential of protected areas and biosphere reserves as institutions for protecting biodiversity.
The last four papers focus on Asia. Marcus Nüsser and Martin Gerwin provide a history of land use changes in the Kumaon Himalayas of India, discussing the flexible responses of the Bhotiya to changing socio-economic-political conditions. The next two papers are on Kyrgyzstan. Andrea Schneider and Jörg Stadelbauer discuss various types of tourism, presenting both national-level statistics and case studies of alpinism and community-based and lakeside tourism, the latter around Ysyk-köl, the second largest mountain lake in the world. As noted, “The strategy of Kyrgyz tourism policy still has to be implemented” (p. 136); to date, the various initiatives do not appear well coordinated despite the country’s undoubted attractions. Matthias Schmidt starts with a general introduction that complements some of Stadelbauer’s introductory chapter well, and then moves into discussion of political ecology. The presented case study concerns Kyrgyzstan’s walnut-fruit forests and the complex changes in actors and institutions from the Tsarist to current times. An even more complex set of historical processes is illustrated by Hermann Kreutzmann in the final paper, on boundary-making and geopolitical diversity in the Pamirian Knot. He concludes that “decisions made in the core of empires always affect the livelihoods of people who have not been involved in the decision-making process” (p. 173). This is also true in individual nation-states, as in the Andes and, worldwide, mountain ecosystems and those who depend on them are clearly influenced by global forces. As Stadel and Pohle argue, indigenous knowledge may confer some resilience – but this may not be sustainable for many decades.
Overall, this is an interesting set of papers. They vary in their structure – for example, some have abstracts, while others do not – and many could have benefited from some final English-language editing, though generally the language quality is excellent. The figures and photographs are all in black-and-white which, in some cases, limits their effectiveness – though some are very good. As Stadelbauer notes in his introductory paper, this is one of a long series, dating back over 50 years, and is probably best seen in this light: as a collection assembled to present a partial state-of-the-art of research in mountain areas by German-speaking geographers.
Föbker, Stefanie: Wanderungsdynamik in einer schrumpfenden Stadt. Eine qualitative Untersuchung innerstädtischer Umzüge. V und 205 S., 27 Abb., 11 Tab. und 5 Photos. Schriften des Arbeitskreises Stadtzukünfte der Deutschen Gesellschaft für Geographie 5. LIT Verlag, Berlin, Münster, Hamburg 2008, € 19,90
Im Zentrum der Dissertation von Stefanie Föbker steht die Frage nach den Wechselwirkungen zwischen städtischen Schrumpfungsprozessen und innerstädtischer Mobilität. Zum einen beleuchtet die Autorin die Hintergründe innerstädtischer Wanderung und fragt nach der Bedeutung lokaler Wohnungsmärkte schrumpfender Städte für das Mobilitätsverhalten von Haushalten. Zum anderen analysiert die Autorin die Wirkungen, die von innerstädtischen Wanderungsbewegungen auf den Wohnungsmarkt ausgehen. Gerade in dieser Betrachtung der wechselseitigen Beziehungen von Struktur und Handlung unter Bezug auf die Giddensche Strukturtheorie liegt eine Besonderheit der vorliegenden Studie.
Der Leser wird durch einen klar strukturierten Textaufbau geführt. In den ersten Kapiteln werden die Rahmenbedingungen des Wanderungsgeschehens in schrumpfenden Städten sowie die mikro- und makroanalytischen Erklärungsansätze innerstädtischer Umzüge in der Wanderungsforschung dar gelegt. Auf Grundlage einer vorwiegend qualitativen Forschung mit leitfadengestützten Interviews wird das Zusammenspiel von Anbietern und Nachfragern analysiert und schließlich (knappe) Folgerungen für den Umgang mit schrumpfenden Wohnungsbeständen abgeleitet.
Als Untersuchungsraum der qualitativen Studie wurde die Stadt Wilhelmshaven ausgewählt, die im Hinblick auf die Indikatoren der Bevölkerungsentwicklung, des Gesamtwanderungssaldos sowie der Arbeitslosenquote als schrumpfende Stadt mit hoher innerstädtischer Fluktuation kategorisiert werden kann. Die drei ausgewählten innenstadtnahen Fallstudiengebiete weisen im Vergleich zur Gesamtstadt besonders deutliche Schrumpfungsprozesse bei hoher Fluktuation auf. Sozial-räumliche Unterschiede zwischen den ausgewählten Stadtvierteln werden im Verlauf der Untersuchung aufgegriffen und im Zusammenhang mit den verschiedenen Mobilitätsmustern befragter Haushalte diskutiert.
Ausgehend von Interviews mit Haushalten sowie Akteuren auf dem Wohnungsmarkt und lokalen Schlüsselpersonen werden Formen der Interaktion zwischen Angebots- und Nachfrageseite beleuchtet. Betrachtet werden Abwägungen bei der Wohnstandortwahl und die Rahmenbedingungen, unter denen sich Haushalte für das Bleiben in einem Quartier oder aber das Gehen entscheiden. Die verschiedenen Bedingungen und Motivbündel der Fortzugsentscheidungen beschreibt die Autorin mithilfe fünf verschiedener Haushaltstypen, die sie auf Grundlage ihrer Empirie ausdifferenziert.
Als zentrale Fortzugskonstellationen werden die Kostensensitivität der Haushalte, der Zustand der Wohnung sowie das Angebot an freien Wohnungen identifiziert. Bei der Abwägung der Handlungsalternativen des Gehens oder Bleibens spielen zudem die Transaktionskosten eine wichtige Rolle. Ein relevantes Ergebnis der Studie ist, dass hoher Leerstand und starke Fluktuation in der direkten Wohnumgebung der untersuchten Quartiere keine unmittelbaren Fortzugsabsichten auslösen. Die Autorin belegt, dass vielmehr die kleinräumige Zusammensetzung und Statusinkonsistenz der Wohnnachbarschaft die Mobilität einiger Haushaltstypen der Untersuchungsräume deutlich erhöht.
Die Autorin identifiziert aktive Bleibeentscheidungen zugunsten des Quartiers bei den Haushalten, die sich durch kleinräumige Umzüge oder durch Eigentumserwerb in statushöheren Mikrolagen einrichten. Die innerstädtische Nähe und entsprechend gute Versorgungslage formt hier eine wichtige Rahmenbedingung. Die Vielschichtigkeit der Bindungsfaktoren der „Bleibenden“ werden allerdings – da sie im Untersuchungsdesign „nur“ als Referenzgruppe vorgesehen sind – weniger deutlich heraus gearbeitet als bei den Fortziehenden.
Stefanie Föbker findet empirische Hinweise darauf, dass auch sozio-ökonomisch benachteiligte Gruppen durch die Wohnungsmarktentspannung eine verstärkte (z.T. kleinräumige) Umzugsmobilität entwickeln. Entsprechend kommt die Autorin zu dem Schluss, dass entspannte Wohnungsmärkte zu einer räumlichen Diffusion auch benachteiligter Haushalte beitragen und damit Wirkungsweisen einer passiven Segregation für diese Haushaltstypen nur eingeschränkt spürbar sind. Als entsprechende Wirkung auf der Angebotsseite wird identifiziert, dass das Engagement der Anbieter für ihren Bestand und ihre Mieterschaft steigt: Die aggregierten Handlungen der Haushalte führen zu einer erhöhten Orientierung der Vermieter zugunsten der Wohn(umzugs)bedarfe ihrer Nachfrager und einer sensibleren Belegungspolitik.
Die Analyseergebnisse erscheinen insbesondere für diejenigen Kontexte in (westdeutschen) Städten relevant und übertragbar, die nicht von flächendeckenden Leerständen gekennzeichnet sind und innenstadtnahe bzw. kleinräumige Lagepotenziale aufweisen. Insgesamt leistet die Studie mit ihrem qualitativen Analyseschwerpunkt einen wichtigen relativierenden Beitrag im Hinblick auf die soziale Selektivität von Wanderungsbewegungen in schrumpfenden Städten.
Weichhart, Peter: Entwicklungslinien der Sozialgeographie. Von Hans Bobek bis Benno Werlen. 439 S. und 84 Abb. Sozialgeographie kompakt 1. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008, € 26,90
Peter Weichhart unternimmt in diesem aus einer Vorlesung hervorgegangenen Werk den verdienstvollen Versuch, die Geschichte der Sozialgeographie, hier als „Entwicklungslinien“ bezeichnet, zusammenfassend und verständlich darzustellen. Dies ist ein überfälliges Werk. Manche Studierende sehen das in der UTB-Reihe erschienene Taschenbuch von Benno Werlen als Lehrbuch an, stehen mit dieser Erwartungshaltung dann aber am Ende doch etwas enttäuscht da, weil dort vor allem die Entwicklung der Sozialgeographie dergestalt gezeichnet wird, dass sie dann am Ende in den (vorläufigen?) Schlusspunkt der Werlenschen Auffassung von guter Sozialgeographie einmündet. Dem gegenüber ist Weichhart offener und weniger apodiktisch, wenngleich er natürlich auch seine Lieblingsthemen und -ideen hat.
Das Werk stellt in den ersten Kapiteln die historische Anfangsphase dar, die ungefähr in den 1950er Jahren anzusiedeln ist. Das Anliegen und der Ansatz Hans Bobeks wird breit dargelegt, die Ergänzungen durch Wolfgang Hartke werden referiert. Die Debatten um die Stellung der Sozialgeographie unter all den anderen Bindestrichgeographien und zum Landschaftsparadigma werden aufgearbeitet und der Hartke-Otremba-Streit wird sehr ausführlich behandelt. (Der Wirtschaftsgeograph Erich Otremba 1961 bestritt die Notwendigkeit einer eigenen Sozialgeographie). Dem Diktum von Günter Heinritz 1999 über den Weg der Sozialgeographie der Ruppert-Maier-Schule (als Wissenschaft von den verorteten Daseinsgrundfunktionen) als „Siegeszug ins Abseits“ schließt sich Weichhart an.
Nur kurz wird auf das Verhältnis zur Soziologie eingegangen, umso breiter wird – bei diesem Autor nicht verwunderlich – der Raumbegriff reflektiert, selbstverständlich unter besonderer Beachtung der Drei-Welten-Lehre Poppers. Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen wird auf unterschiedliche Entwicklungslinien in eher systematischer, de facto aber auch in historischer Perspektive eingegangen. Nach der Sozialraumanalyse kommt auf circa einhundert Seiten ausführlich die Wahrnehmungsgeographie als eine dominante Form der Mikrosozialgeographie zur Geltung. Die zweite wichtige Linie in der Mikrosozialgeographie ist für ihn die handlungsorientierte Sozialgeographie. Zwar referiert Weichhart ausführlich Werlen bzw. dessen Deutung von Anthony Giddens, setzt aber auch hier eigene Akzente – oder wie er formuliert: „Nach diesen knappen Hinweisen auf das umfassende Programm einer ‚Sozialgeographie alltäglicher Regionalisierungen’ von Benno Werlen wollen wir im Folgenden einige Gänge ‚zurückschalten’ und zunächst einige der wichtigsten Grundbegriffe einer handlungstheoretisch fundierten Sozialwissenschaft besprechen“ (S. 257). Nicht nur die Basisbegriffe der Handlungstheorie, sondern auch Giddens selbst werden dann ausführlich unter die Lupe genommen. Herzstück der Weichhartschen Ideen dazu ist die Symbolic Action Theory von E. E. Boesch. Auch noch im selben Hauptkapitel 10 („Handlungsorientierte Sozialgeographie“) wird der konstruktivistische Raumbegriff dargestellt. Dieses Thema steht an der Überleitung zum letzten großen Abschnitt (mehr als 40 Seiten), der sich dem Poststrukturalismus, dem Cultural Turn und letztlich der neuen Kulturgeographie widmet.
Eine vertiefte inhaltliche Debatte über die „Richtigkeit“ der Weichhartschen Argumentation kann hier nicht geführt werden, zumal sich Weichhart sehr um Neutralität bemüht, indem er relativ ausführlich aus Schlüsseltexten zitiert und so sehr stark die Intentionen der Originalautoren durchscheinen lässt. Wo er klare eigene Akzente setzt, so sind sie meist schon seit geraumer Zeit aus anderen Publikationen und Vorträgen bekannt. Dazu gehören besonders seine Auffassungen über „Räumlichkeit“ insbesondere auf der Mikroebene (oder vielleicht sogar schon Nanoebene des mehr oder weniger großen Zimmers), über den „Raumexorzismus“, seine sechs Raumkonzepte, oder sein Verständnis von der Mensch-Umwelt-Beziehung.
60 Jahre Paradigmengeschichte auf den Punkt zu bringen ist kein einfaches Unterfangen. In diesem Buch spricht ein Insider, der vieles miterlebt und über vieles auch viele Jahre nachgedacht hat. Dabei hat er eine klare Einschätzung des Diskurses in der Wissenschaftlergemeinschaft gewonnen, die er hier niedergelegt hat und zu der er auch steht. Andere Zeitzeugen werden manche Einschätzung nur teilweise teilen.
Das Buch von Peter Weichhart will nicht vorrangig die Erträge der sozialgeographischen Forschung darstellen, sondern eben die Entwicklungslinien. Dankenswerterweise nimmt es Weichhart an mehreren Stellen dennoch auf sich, exemplarisch Forschungsergebnisse der Sozialgeographie relativ breit vorzustellen: Das ist die Sozialraumanalyse im Gefolge der Chicagoer Schule, sodann werden für die Mental Map-Forschung auf mehr als zwanzig Seiten Forschungsbeispiele vorgestellt. Man wird allerdings darüber streiten können, ob die Sozialraumanalyse viel mit der Bobek-Hartke-Schule zu tun hat und ob die behavioristische Erforschung von kognitiven Karten zur Sozialgeographie gehört. Schließlich werden später auch Befunde der handlungsorientierten Sozialgeographie aufgegriffen. Vor allem werden hier ein paar unter der Regie von Benno Werlen angefertigte empirische Studien referiert, was doch etwas enttäuschend wenig bzw. eng ist. Ob die Auswahl aufgrund ihrer Qualität oder Repräsentativität erfolgte oder eine bestimmte Richtung gepusht werden soll, oder ob es gar nicht mehr an empirischen Befunden gibt, ist nicht ganz klar. So wird jedenfalls die des Öfteren gehörte Auffassung, es würde viel über Sozialgeographie räsoniert, aber wenig empirisch gearbeitet, noch verstärkt.
Dies Buch ist größtenteils ein sehr sympathisch wirkendes Buch, weil die Argumentation nicht verbissen und allzu „straight“ daherkommt, sondern breit entwickelt wird und Weichhart versucht, den Leser (oder die Leserin) Schritt für Schritt vom Sinn der für ihn zentralen Aspekte und Argumente zu überzeugen. Er nimmt ihn (oder sie) an der Hand auf seinem Gang von den Anfängen bis zur Gegenwart durch das „Museum Sozialgeographie“ mit, zeigt auf die zentralen Exponate und erläutert ihre Bedeutung mit „museumspädagogischem“ Geschick anschaulich.
Auch wenn man es als (billiges und nahe liegendes) Klischee bezeichnen mag, kann ich doch nicht verhehlen, dass mir noch ein anderes Bild beim Lesen immer wieder durch den Kopf ging: Der Tonfall, den man beim Lesen mithört, oder die Diktion, die man lesend aufnimmt (oder konstruiert), spiegelt für mich ein wenig Wiener Kaffeehausatmosphäre wider. Das Buch ist zwar kein Werk im Dialog, aber es kommt doch nahe an die Situation heran, wo zwei Besucher an einem Ecktisch ohne Zeitdruck über die Sozialgeographie räsonieren und peu à peu zentrale Elemente und Probleme heraus schälen, sich manchmal in Missverständnissen oder Nebensächlichkeiten verbeißen, oftmals mit Hilfe von Anekdoten Sachverhalte etwas umständlich veranschaulichen, aber doch allmählich gelassen die zentralen Punkte abhandeln. Allerdings geht es dabei auch nicht ohne erhobenen Zeigefinger und Rechthaberei ab.
Den meisten Lesern dürfte das Schlusskapitel aus dem Herzen sprechen, das die Paradigmenvielfalt zur Tugend erhebt, getreu dem in der Blütezeit der Sozialgeographie gern zitierten Worte des Vorsitzenden Mao: „Lasst tausend Blumen blühen.“ Gewiss soll man in einer pluralistischen Gesellschaft in der Wissenschaft keinen Stalinismus praktizieren und diese oder jene Richtung der Sozialgeographie zur allein selig machenden erklären. Allein, so bequem der Pluralismus im fachinternen Diskurs sein mag, so wenig ist dem Renommee der Geographie im Allgemeinen und der Sozialgeographie im Besonderen geholfen, wenn ihr Image allzu schillernd oder ihr nach außen gezeigtes Profil ohne Konturen ist. Dies aber ist eine andere Baustelle, für die Peter Weichhart nicht mehr und nicht weniger Verantwortung trägt als jeder andere etablierte Humangeograph.
Gertel, Jörg and Breuer, Ingo (eds.): Pastoral Morocco. Globalizing Scapes of Mobility and Insecurity. 257 S., 7 Abb., 19 Tab. und 17 Karten. Nomaden und Sesshafte 7. Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 2007, € 54,-
Pastoral Morocco is an innovative approach to grasp the importance of pastoralism as it is observed and interpreted in present-day Morocco. The volume is roughly divided into two sections. Three papers constitute the first part in which the scope of pastoralism is explicated in a conceptual framework, in time and space and as embedded in the world market. Jörg Gertel introduces different dimensions of research perspectives. Pastoralism is perceived as strategy and as a mode to mitigate insecurity. The nexus of mobility and resources, social reproduction processes and the overcoming of traditional spatial perceptions and restrictions are further dimensions of investigation which are opened-up in his introductory chapter. Jeanne Chiche contributes a valuable historical comparison of pastoralism in Morocco by contrasting the observations of pastoral practices in 1934 with recent fieldwork in 2005. The general pattern is then dissolved by highlighting regional differences and peculiarities. Diana Davis emphasizes a global perspective and discusses the impact of World Bank packages, such as the structural adjustment programme for Morocco. These three chapters set the stage for the second part with ten contributions titled “regional geographies of pastoral Morocco”. Here we encounter worthwhile case studies as by Boutayab Tag on the strategy of sedentarization and its impact on social transformation in Eastern Morocco. Mohamed Mahdi addresses pastoralism and institutional change in the “oriental”. Mohamed Khalil investigates meat-related commodity chains in Eastern Morocco, while Ingo Breuer takes the perspective of the Pre-Saharan periphery when looking into marketing options and constraints. Houria Djoudi, Irene Hoffmann, Bouchra El Amiri and Jörg Steinbach cooperated in their case study devoted to the relationship of animal husbandry and pasture access in the Middle Atlas. Further regional case studies are contributed by Mohammed Adergal about Atlantic Morocco, Ingo Breuer focuses on the High Atlas, Jutta Werner investigated in the Draa and the Souss. The Souss was the research area of Bertram Turner as well, who looked specifically into conflict-stricken situations. The final chapter by Hassan Rachik poses a question which is central to this volume: Nomads – but how? The major contribution of this volume to pastoralism studies is a two-fold one. The editors have succeeded in convening a group of researchers that presented the readership with a comprehensive overview of vital topics in pastoralism research in Morocco, content- and region-wise. Secondly, this volume offers a state-of-the-art tome in the English language for comparative studies to colleagues who are interested in recent developments in Morocco and in their linkages beyond the place.
Albers, Gerd und Wékel, Julian: Stadtplanung. Eine illustrierte Einführung. 191 S. und 202 farb. Abb. Primus Verlag (WBG), Darmstadt 2008, € 39,90 /sFr 66,70
Die Hafencity Hamburg, eines der aktuell spannendsten Projekte der Stadtplanung, ziert das Umschlagbild des Werkes „Stadtplanung. Eine illustrierte Einführung“ und verspricht damit sowohl eine aktuelle als auch eine spannende Einführung in die Thematik. Das Buch von Gerd Albers und Julian Wékel weckt bereits durch seine äußere Aufmachung die Lust am Blättern. Und (fast) egal an welcher Stelle man das Buch aufschlägt, laden Fotos und Karten zum Betrachten und Weiterlesen ein. Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen von Gerd Albers „Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung“ (1988) liegt damit eine zeitgemäße Überarbeitung dieses Lehrbuchklassikers vor, die die Expertise von Gerd Albers, einer der zentralen Persönlichkeiten der Stadtplanung in Deutschland, und Julian Wékel, Professor an der Technischen Universität Darmstadt und ehemals Stadtplaner in Hamburg, Frankfurt und Berlin, gewinnbringend miteinander verbindet.
Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert. Das erste Kapitel „Die Standortbestimmung – Stadtplanung als Beitrag zur Ordnung des Zusammenlebens“ (S. 9) bietet eine kurze Einführung und setzt sich mit den zentralen Begriffen Stadt und Planung auseinander. Kapitel 2 widmet sich der „geschichtlichen Entwicklung von Städtebau und Stadtplanung“ (S. 18). Beginnend bei den Wurzeln der Stadt, wird die Stadtentwicklung vor dem Industriezeitalter recht kurz berührt. Der Schwerpunkt des Kapitels liegt in der Darstellung der Entwicklungen im 20. Jahrhundert und hier insbesondere in der Stadtplanung nach 1945. „Dabei steht das Geschehen in der Bundesrepublik Deutschland im Vordergrund, das allerdings in internationale Entwicklungen eingebettet ist.“ (S. 28) Die Planungsgeschichte der DDR wird in einzelnen Absätzen ergänzend erwähnt. Im dritten Kapitel „Die Theorie und das Handwerk – die Arbeitsweise der Stadtplanung“ (S. 41) werden die Stufen der städtebaulichen Planung skizziert von der Bestandsaufnahme über die Ziele der Stadtplanung bis zur „Erkundung des Handlungsspielraums mittels alternativer Entwürfe“ (S. 53). Schließlich werden die Typen von Plänen eingeführt, die für die Aufgaben der Stadtplanung notwendig sind, und der Übergang vom Plan zu seiner Verwirklichung dargestellt. In Kapitel 4 beschäftigen sich Albers und Wékel mit dem Stadtplanungsrecht. Sie gehen zunächst auf die Entwicklung der Gesetze des Bauplanungsrechts ein, um sich dann ausführlich mit den Bauleitplänen und ihrer Aufstellung auseinanderzusetzen. Darüber hinaus wird in einem Teilkapitel die Organisation der Stadtplanung innerhalb der Gemeinden dargestellt und schließlich auf die Verknüpfung der Stadtplanung mit anderen Planungsebenen und mit Fachplanungen hingewiesen. Das umfangreichste Kapitel ist der Praxis der Stadtplanung gewidmet und befasst sich mit dem weiten Feld stadtplanerischer Tätigkeiten zwischen Stadtstrukturplanung und Stadtgestaltung. Dazu werden zunächst die verschiedenen Nutzungsbereiche innerhalb der Stadt beschrieben und die Beziehung der Nutzungen zueinander dargestellt. Daran anschließend erläutern die Autoren die zentralen Einzelaufgaben der Stadtplanung: die Neuplanung von Städten und Quartieren, deren Veränderung sowie die Bewahrung von Stadtbereichen. Als sechstes Kapitel folgt ein kurzer Ausblick auf die Perspektiven der Stadtplanung. Sich verändernde Rahmenbedingungen bei der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung haben Konsequenzen für die Stadtplanung. Hier heben Albers und Wékel insbesondere den Anspruch einer nachhaltigen Entwicklung und die Herausforderungen einer schrumpfenden Bevölkerung hervor. Den Abschluss bilden ein Exkurs zu den Tätigkeitsfeldern und Ausbildungsgängen in der Stadtplanung sowie ein Anhang mit Auszügen aus dem Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung.
Der Aufbau entspricht damit weitestgehend der 1988 bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft erschienenen „Einführung in die Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung“ von Gerd Albers. Auch der Inhalt der Kapitel entspricht in weiten Teilen der Vorlage von 1988. Überarbeitet und ergänzt wurden die Kapitel insbesondere dort, wo es um Veränderungen im Planungsrecht, neue Strukturen oder Verfahren geht. Ebenso wurden Abschnitte ergänzt, die sich mit der Situation in Ostdeutschland beschäftigen. Darüber hinaus spiegelt das vorliegende Werk die aktuelle Diskussion um den demographischen Wandel und insbesondere um die Konsequenzen der Schrumpfung wider. Aus der demographischen Entwicklung „ergeben sich auch Folgerungen für den Bedarf an Sanierung und Stadtumbau“ (S. 154). Dem trägt das Werk durch zahlreiche ergänzende Abschnitte Rechnung.
Der augenfälligste Unterschied zwischen der „praxisorientierte(n) Einführung“ (1988) und der „illustrierte(n) Einführung“ (2008) geht jedoch bereits aus dem Titel hervor. Während die Einführung von 1988 mit ihren 37 Abbildungen und sechs Tafeln in schwarz-weiß zunächst einen eher trockenen Eindruck erweckt, handelt es sich bei der „illustrierte(n) Einführung“ um ein reich bebildertes Werk mit 202 farbigen Abbildungen. Lediglich vier Doppelseiten enthalten keine Fotos oder Abbildungen! Allerdings sind die Abbildungen kaum in den Text eingebunden. Verweise finden sich in aller Regel nur auf jene Abbildungen, die bereits in der Vorlage von 1988 vorhanden waren. Es ist offensichtlich, dass die meisten Abbildungen nachträglich angefügt, aber nicht wirklich eingefügt wurden. Glücklicherweise sind die Erläuterungen zu den Abbildungen jedoch häufig umfangreich und ausführlich, so dass die Übersichten, die Fotos und insbesondere die vielen Pläne dem Leser ermöglichen, die im Text formulierten Informationen an konkreten Beispielen nachzuvollziehen. Sie tragen damit ganz wesentlich zur tieferen Auseinandersetzung und zum Verständnis der Thematik bei.
Ein kleiner Wermutstropfen in dieser inhaltlich und gestalterisch so überaus ansprechenden Einführung ist der Umgang mit der Literatur. Zunächst irritiert die äußerst knappe Bibliographie, die – bei einem Buch von 191 Seiten – gerade einmal drei Seiten umfasst. Die Ausstattung mit Literaturverweisen ist als äußerst sparsam zu kennzeichnen. Bei Aussagen wie auf Seite 159: „wie entsprechende Untersuchungen belegten“ verlangt die gute wissenschaftliche Praxis tatsächlich Belege in Form von Literaturverweisen, die hier jedoch ausbleiben. Das Literaturverzeichnis selbst ist thematisch gegliedert, innerhalb der Themen aber nicht systematisch sortiert, sondern zum Teil alphabetisch, zum Teil chronologisch und zum Teil nicht nachvollziehbar sortiert. Die enthaltenen Literaturangaben sind teilweise unvollständig. Gerade bei einem Lehrbuch hätte man sich hier eine größere Sorgfalt gewünscht. Ein weiterer Wunsch für ein perfektes Lehrbuch wäre ein ausführliches bzw. passgenaueres Register oder sogar ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen. In der jetzigen Form ist das Register nicht immer hilfreich. So wird das Stichwort Geschossflächenzahl auf Seite 75 definiert, das Register verweist jedoch auf Seite 134. Eine sehr gute Ergänzung für Studienanfänger stellt der Exkurs zu den Tätigkeitsfeldern und Ausbildungsgängen in der Stadtplanung dar.
Die eingangs formulierten Erwartungen, die das Werk von Gerd Albers und Julian Wékel weckt, werden trotz der formalen Kritikpunkte voll und ganz erfüllt. Es handelt sich um eine spannende Lektüre, die den aktuellen Stand des Wissens zur Stadtplanung vermittelt. Die Tatsache, dass insbesondere Gerd Albers im Laufe seines Lebens, er ist Jahrgang 1919, viele „Planungs-Moden“ und Strömungen hat kommen und gehen sehen, schlägt sich in der reflektierten Art und Weise nieder, in der das Buch formuliert ist. In Kombination mit dem Praktiker Julian Wékel ist ein äußerst anschauliches Werk entstanden, das nicht nur als Einführung in das Studium der Stadtplanung, sondern auch als Fundgrube für Fotos, Karten und Skizzen ausdrücklich zu empfehlen ist.
Zeitschrift für Geomorphologie N.F., Vol. 52 Suppl. Issue 3: Beaches at Risk (BAR). Ed. by Héquette, A. and Moses, C. A. 237 S., 99 Abb. und 15 Tab. Gebrüder Borntraeger, Berlin, Stuttgart 2008, € 99,-
This special issue of Zeitschrift für Geomorphologie summarizes key scientific results of the INTERREG IIIA “Beaches At Risk” project that ran from 2003 until 2008 and was funded by the European Regional Development Fund (ERDF). Among the main objectives of the project were (i) to better understand coastal processes on the shores of the eastern Channel responsible for coastal erosion and sediment transport, (ii) to check for potential future changes through the rise in sea level and fluctuating storminess, (iii) to develop helpful tools for coastal zone as well as biodiversity conservation managers.
Arnauld Héquette and Cherith A. Moses present 14 high class papers dealing with three different main topics. Six papers focus on the natural variability of the coast such as shoreline fluctuations (Chaverot), coastal cliff retreat (Laignel et al.), the influence of sand and changes in surface sediment distribution patterns of mixed sand-gravel beaches (Costa et al.; Watt et al.), the variability of intertidal bars and macrotidal beaches (Reichmüth and Anthony), and net sediment budgets (Sedrati and Anthony), all of them based on a variety of different methods ranging from sedimentology, geomorphology, hydrology, remote sensing to geostatistics and modelling. Another five papers concentrate on coastal management issues such as the evaluation of beach nourishment measures and groynes influencing shoreline changes and coastal morphodynamics (Moses and Williams; Dornbusch et al.; Aubry and Ruz), on the effect of detached breakwaters on sedimentary dynamics (Oblinger and Anthony) and on the use of brushwood fences as coastal protection measure (Ruz and Anthony). The last group of three papers deals with storm surge and flood hazard issues using airborne LIDAR-based digital elevation models for assessing the vulnerability of marine flooding (Rufin-Soler et al.), studying the spatial distribution of extreme return period patterns of water levels and surges (Swift) and estimating extreme water levels for tide gauge stations by the year 2050 (Pirazzoli and Tomasin).
This issue, well structured and produced in superb quality, documents the impressive outcome from the large international BAR project realized by several dozens of scientists from French and British universities and research institutes. It brilliantly reflects the importance of interdisciplinary co-operation between scientists of different disciplines all of them working on coastal issues. Many of the presented studies make clear that the shores of the eastern Channel can be seen as representatives of many other coastal areas all over the world. Coasts as such are highly sensitive regions reacting immediately and strongly to climatic and sea level changes. This book is an advertisement for the effectiveness and significance of coastal research and, at the same time, documents the increasing importance of the Zeitschrift für Geomorphologie for coastal issues. Additional information on the BAR project can be found on the bilingual web site http://www.geog.sussex.ac.uk/BAR/.
Harrison, Oliver: ‘The Paradise of the Southern Hemisphere’. German and Austrian Visitors to New Zealand 1876-1889. VI und 160 S. Germanica Pacifica Studies 3. Research Centre for Germanic Connections with New Zealand and the Pacific. Auckland N.Z., 2008
The book contains extracts from Oliver Harrison’s PhD thesis (University of Auckland) which was concerned with the appraisal of, until now, relatively unknown German-language writings on New Zealand and the Maori with respect to the period of colonisation between 1839 and 1889. It concentrates on the period after 1876 – that was the period following the Maori Land Wars – which despite an economic depression was noted for a rise in settler numbers, in particular from the German and Austro-Hungarian Empires. The author reveals how the country in general and the Maori people especially are represented in the works of notable German and Austrian explorers and travellers of the nineteenth century (Ernst Dieffenbach, Friedrich August Krull, Ferdinand von Hochstetter, Julius von Haast, Andreas Reischek, Max Buchner, Franz Reuleaux, Otto Finsch, Alexander von Huebner and Robert von Lendenfeld). He is concerned with the following issues: 1) In what way did the stereotypes and images that predominated in the European psyche of the eighteenth and nineteenth century in relation to largely unexplored countries in the process of colonisation, like New Zealand, influence the works of the authors under investigation? How is the propaganda of the British colonial power towards the colonisation of the country represented in these works? How does this propaganda portray New Zealand as a paradise for immigrants? 2) What elements and perspectives can be observed in the depiction of New Zealand and the Maori in these works that are specific to German-speaking explorers, in this case, German and Austrian authors?
The subject which Harrison deals with has until now been neglected, even though Germans and Austrians provided a considerable contribution to the exploration of New Zealand in the nineteenth century. Their publications thus provide a valuable addition to the British literature, as their countries held no colonial interests in New Zealand and in this respect their reports were free from colonial ties. Moreover, in their encounters with the Maori, Germans and Austrians were not burdened with the tensions that could arise between the representatives of the colonial power and the subjugated indigenous population. Harrison is rightly not concerned with portraying the rights and wrongs and, for example, comparing the German-language literature with the British, but rather focuses more on how the visible stereotypes and images are perceived, how they are formed and what function they have. Thus, Harrison analyses the publications within their socio-historical and literary contexts, taking into account the authors’ living conditions, the target audience and the degree to which the needs and expectations of the readership have been met. Accordingly, the author also describes how their perspectives and appraisals change over time, that is to say, over the course of the nineteenth century.
The sources of the analysis include reports, diaries, articles and substantive works. The publications studied more closely in the book fall into three groups: 1. Publications from nature lovers, who were predisposed towards the dominant popular science of the times and collected for the most part ornithological, botanical and ethnographical items for museums, namely Andreas Reischek (1845–1902) and Otto Finsch (1839–1917). 2. Publications from explorers who primarily held ethnographical interests, namely Max Buchner (1846–1921) and Franz Reuleaux (1829–1905). 3. Publications by travellers who were more concerned with the social character of the colony and stressed the tensions between the colonial powers and the Maori, namely Alexander von Huebner (1811–1892) and Robert von Lendenfeld (1858–1913). On the one hand, these authors were influenced by social Darwinian thought, on the other hand, Lendenfeld in particular also criticised the patriotic and almost racist exaggerations and self-assessments of the European New Zealanders. Like the British, the German-language publications on the whole also affirmed the so-called civilising achievements of colonisation. These achievements in their view would have justified the (partial) extinction of the less civilised Maori. The German-language publications were, however, less strongly affected than the British by social Darwinism. Often they even lamented the fact that the Maori could not stand up to the European invaders. A specifically German perspective in the works examined is uncovered through the preoccupation of the authors with the settlements, industry and lifestyle of German immigrants in New Zealand. Their portrayal of the country as a type of paradise for those immigrants in New Zealand who procured wealth through hard labour, does not differ dramatically from reports of British origin.
Harrison has succeeded well in presenting a thorough introduction to and sound interpretation of the contributions made by the various writers cited to the body of knowledge surrounding nineteenth-century New Zealand history. He rightly puts straight the prejudices of some explorers derived from previous scientific literature and discovers erroneous interpretations. All in all, Harrison has conducted a remarkable and extensive search of both published and unpublished primary and secondary sources and provided meticulous documentation. The book makes for gripping reading in many parts. The author cites many distinctive passages from the original sources and in so doing creates an evocative and vivid account. One particular highlight is the author’s analysis of what have thus far remained little known sources, such as letters, and has thereby rendered specialist knowledge more accessible for the general reader. His book represents a valuable treasure trove for those wishing to engage in further research into nineteenth-century New Zealand history.
Glaser, Rüdiger: Klimageschichte Mitteleuropas – 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen. 2., akt. und erw. Aufl. VII und 264 S., 102 meist farb. Abb. und 11 Tab. Primus Verlag, Darmstadt 2008, € 39,90
In seiner aktuellen Auflage der „Klimageschichte Europas“ wagt sich der Klimahistoriker Rüdiger Glaser weit in die Zukunft vor, denn er verknüpft diese immer wieder mit vergangenen und gegenwärtigen Entwicklungen und Problemstellungen. So werden die bereits in der Erstauflage dargelegte Rekonstruktion des mitteleuropäischen Klimas für einen Zeitraum von 1000 Jahren und die damals erhobenen Daten in der Neuauflage dazu genutzt, um Beiträge zu räumlichen Planungen zu leisten. Er demonstriert dies eindrucksvoll an der Rekonstruktion des Neckarhochwassers des Jahres 1824, welches für das aktuelle Hochwassermanagement an diesem Fluss zu Rate gezogen wird. Diesem Ansatz folgend richtet er seinen Blick auch auf die mögliche Entwicklung des Klimas insgesamt und dessen Auswirkungen auf Wasser-, Land- und Forstwirtschaft, Biodiversität und Gesundheit, und scheut sich demgemäß nicht, zu Fragen der aktuellen Entwicklung des Klimas Stellung zu nehmen. Trotz aller solcher Verknüpfungen von historischer Analyse und Prognose entzieht Glaser dennoch seine historischen Daten weitgehend einer allzu oft praktizierten Relativierung des aktuellen Klimawandels durch historische Scheinanalogien gemäß dem Motto „Das gab es alles schon einmal“. Er stellt vielmehr deutlich heraus, dass das derzeitige Klima ein Treibhausklima ist, also eindeutig durch die vom Menschen eingebrachten Treibhausgase bestimmt wird. Denn gerade das oftmals mit dem Treibhausklima in Verbindung gebrachte mittelalterliche Wärmeoptimum hält einfachen Analogien nicht stand, da es seine Ursache in einer Veränderung des Haushaltes der Sonnenenergie hatte und anthropogen gänzlich unbeeinflusst war. Glaser wagt es sogar, die aus der historischen Aufarbeitung gewonnenen Erkenntnisse bezüglich des Treibhauseffektes mit Gesichtspunkten der Entwicklung des allgemeinen politischen Handlungsrahmens in Mitteleuropa zu verknüpfen. Eindrucksvoll ist in diesem Zusammenhang eine Karte, die schematisch die regionalisierte Vulnerabilität Deutschlands unter dem Klimawandel thematisiert (S. 244/34, Abb. 102).
Über all dem bleibt Glaser seiner Hauptaufgabe, der Klimarekonstruktion, treu. Das kann er einmal dank der berechtigten Anerkennung, die der ersten Auflage der „Klimageschichte“ zuteil wurde, selbstbewusst tun. Noch gewichtiger ist aber, dass Glaser überzeugend nachweisen kann, dass historische Daten zu nicht weniger verlässlichen klimatischen Aussagen führen als solche aus naturwissenschaftlichen Quellen. Vielmehr haben diese oftmals den Vorteil taggenauer Datierung, exakter räumlicher Verortung und zahlreicher Indizien, die sich auf die Intensität von Witterungserscheinungen beziehen. Dazu sind sie nicht selten verbunden mit Hinweisen auf zeitgenössische religiöse, mythologische oder astrologische Deutungsmuster von Witterung und Wetter. Das ermöglicht geisteswissenschaftliche Zugänge zum Klima, wie etwa dessen Wahrnehmung. Demzufolge betrachtet Glaser nun verstärkt die kulturellen Auswirkungen von Wetter- und Witterungsereignissen sowie Naturkatastrophen wie Hitze, Fluten, Eis und Sturm. Dies entspricht der seit einiger Zeit in der Forschung zu beobachtenden Verschiebung von einer reinen Rekonstruktion des Klimas hin zu einer Untersuchung der kulturellen Auswirkungen.
Die stete Fortführung diverser Projekte zur historischen Klimatologie in den Jahren seit der Erstauflage 2001 führte zu einer Erweiterung des Methodenspektrums und zu neuen Erkenntnissen. Das schlägt sich in der Neuauflage nieder. So verweist schon deren Titel auf eine Ausweitung des Darstellungzeitraumes um weitere 200 Jahre in die Vergangenheit, also bis um 800, mithin zu den Anfängen der Schriftlichkeit im 8. Jahrhundert in Mitteleuropa. Darüber hinaus verlängerte Glaser den Zeitraum der jahrweisen Witterungsbesprechungen in die Gegenwart hinein um weitere 50 Jahre bis 1750, so dass damit ein nahtloser Anschluss an die Instrumentenmessreihe, die in Deutschland Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzt, gegeben ist. Die davor schon in der ersten Auflage bearbeiteten Jahrhunderte werden zudem differenzierter dargestellt.
Insgesamt demonstriert dieses Buch in überzeugender Weise die Möglichkeiten einer Verknüpfung eines archivalienbasierten Analyseansatzes auch für naturwissenschaftliche Fragestellungen, wie die Entwicklung des Klimas. Der spezielle Vorteil dieses Zugangs besteht in der Rückbindung dieser Daten auf Menschen und Gesellschaften, was zu einer Erweiterung des Erfahrungs- und Beobachtungshorizonts führt und damit einen umfassenden Beitrag für zukunftsgerichtete Forschungen zur Entwicklung unserer Umwelt zu leisten erlaubt.
Uhlig, Bettina: Calocedrus decurrens (Torrey) Florin und Austrocedrus chilensis (D. Don) Pic. Serm. & Bizzarri. Ein pflanzengeographischer und ökologischer Vergleich zweier Reliktconiferen in den nord- und südamerikanischen Winterregen-Subtropen. 281 S., 34 Abb., 59 Tab., 22 Tafeln, 33 Profilen, 2 Beilagen und Materialband CD-ROM. Bonner Geographische Abhandlungen 119. Asgard-Verlag, Sankt Augustin 2008, € 25,-
With the PhD thesis at hand Bettina Uhlig presents an ecological and phytogeographical comparison of two relict conifers within the Mediterranean Subtropics of the Americas, Calocedrus decurrens in North America, and Austrocedrus chilensis in South America. The eye-catching similarities in physiognomy and spatial distribution of the two conifers along the western edge of the American continents almost call for an ecological comparison.
The study is organized in five chapters, beginning with a short introduction to the topic (Chap. 1) and a section on the research methods employed (Chap. 2). The principal part of the book (Chap. 3) covers the site conditions of Calocedrus and Austrocedrus and a comparison of the corresponding distribution areas. Two short sections – one giving an evaluation of the results (Chap. 4), the other a summary (Chap. 5) – round the work off. Chapter 6 encompasses a bibliography including almost 400 references cited (from very old to very recent and from popular scientific to peer reviewed papers), and as such offers abundant sources and serves as a comprehensive background for the study, although the reference segmentation in Calocedrus, Austrocedrus and General Topics makes the use of the bibliography somewhat unhandy. Attached to the book is a CD with diagrams illustrating the results of microclimatic measurements, analyses of soil samples as well as plant lists of taxa associated with the two conifers at the different study sites.
With the topic of a spatial comparison, Bettina Uhlig follows a German tradition in geography which can be traced back to Bernardus Varenius (1622-1650) and Alexander von Humboldt (1769-1859). Already these early pioneers used comparative observations as geographical method for the analysis of spatial patterns, and so does the author of this book. The study is based on 20 months of field work at all seasons and including many different means of transportation (jeep, horseback, foot) to get to remote locations where the two conifers grow. Even if the field work was apparently not always logistically easy and also time-consuming due to the wide latitudinal span (~15°) of the two conifers, the commitment of the author and the enjoyment during the data collection in the field can be recognized in many parts of the work.
The site characterization of the two conifers, the depiction of limiting factors along the areal margins and the portrayal of the associated plant species is sound and attests to the botanical skills and the solid regional and environmental knowledge of the author. Many nicely drawn profiles and top view sketches of study plots illustrate the descriptions in the text. Analogies (e.g. the vertical shift of altitudinal boundaries with decreasing latitude) and differences in the ecology and distribution of the two conifers (e.g. monospecific conifer forest in the case of Austrocedrus chilensis vs. mixed conifer forest in the case of Calocedrus decurrens) and the site factors involved are extensively explained. Unfortunately this portrayal is merely descriptive. While a descriptive approach serves some of the topics covered in the book well, other parts would have been enriched by alternative methods. Particularly for the comparison of ecological site factors (soil, climate, structural parameters, etc.) multivariate statistical methods would have been available for a better and more meaningful documentation of differences and/or similarities of the respective habitats of Calocedrus and Austrocedrus. Similar techniques could also have been used to quantify differences within the respective Californian and Chilean distribution areas of the two conifers (e.g. between northern and southern aspects, continental vs. oceanic margins, etc.). As the descriptive way chosen requires many words for which otherwise self-explanatory diagrams could have been used, the work in parts becomes somewhat tiresome to read, with many redundancies.
Nevertheless, the book of Bettina Uhlig offers many interesting details to those attracted to new world conifers and – at least for the German-speaking scientific community – the book will be the reference for those two taxa. In this respect, the book is highly recommendable to anyone interested in American conifers as well as the plant-geography of the New World Mediterranean Subtropics in general.
Meyers Atlas Globalisierung. Die globale Welt in thematischen Karten. 224 S., 97 Karten und zahlr. Abb., Tab. und Grafiken. Meyers Lexikonverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2008, € 24,95 (D) / 25,70 (A) / sFr 43,80
Meyers Atlas Globalisierung mit dem etwas unglücklichen Untertitel „Die globale Welt in thematischen Karten“ soll laut Verlag „alle Facetten des globalen Daseins“ in den Blick nehmen. Dazu wird eine Grobgliederung in „Lebensraum Erde“, „Lebensbedingungen und Demographie“, „Politisches Leben“, „Wirtschaftsleben“ und „Kulturelles Leben und Gesellschaft“ vorgenommen. Die ersten beiden Kapitel sollen die physischen Grundlagen für Globalisierungsprozesse veranschaulichen, die letzten Kapitel nehmen direkten Bezug auf den gesellschaftlich-räumlichen Globalisierungsprozess.
Auffallend ist zunächst, dass alle Karten – bis auf die der Polarregionen – als Weltkarten konzipiert sind. Diese Tatsache unterscheidet das Werk vom bekannteren „Atlas der Globalisierung“ der von Le Monde Diplomatique herausgegeben wird. Letzterer ist graphisch deutlich flexibler, indem er den Fokus oftmals auf besonders beachtenswerte Teile der Erde lenkt und diese in Regionalkarten abbildet.
Der Vorteil des vorliegenden Atlas liegt jedoch darin, eine Fülle an Daten mittels überzeugender Kartographie auf globalem Maßstab vergleichbar zu machen. Die begleitenden Texte sind zwar zumeist etwas knapp gehalten, weisen den Leser jedoch in vielen Ländervergleichen auf die wesentlichen Entwicklungen und Strukturen hin, die mit dem Globalisierungsphänomen verbunden sind. Quellen für die kartographischen Abbildungen, zahlreiche Grafiken und Tabellen sind jeweils rechts unten angegeben, so dass eine weiterführende eigene Recherche möglich ist. Hin und wieder wäre der Verweis auf weiterführende Literaturquellen für Schüler und Studierende sinnvoll. So kann der Atlas, der ohne begleitendes Handbuch erscheint, nur isoliert oder als Ergänzung zu anderen Quellen genutzt werden, da nicht alle dargestellten Inhalte selbsterklärend sind. Mittels des guten Registers lassen sich im Rahmen der Suche nach Abbildungen schnell Karten zur gewünschten Thematik finden.
Das Konzept des Verlages geht dennoch auf, denn in keinem anderen Werk findet man Daten zur Globalisierung so komprimiert aufbereitet und anschaulich visualisiert.
Husa, Karl; Jordan, Rolf und Wohlschlägl, Helmut (Hg.): Ost- und Südostasien zwischen Wohlfahrtsstaat und Eigeninitiative. Aktuelle Entwicklungstendenzen von Armut, Alterung und sozialer Unsicherheit. 235 S., 13 Abb. und 12 Tab. Abhandlungen zur Geographie und Regionalforschung 10. Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität, Wien 2008, € 20,-
The book “East and Southeast Asia between welfare state and private initiative: current development tendencies concerning poverty, aging and social security” has emerged from the project “Armut, soziale Ungleichheit und Globalisierung (poverty, social inequality and globalization)” that was initiated by the Asienhaus in Essen at the end of 2004. The project has produced a number of brochures in the series “Fokus Asien”. Most of the chapters in this book were published previously in these brochures, but have been revised and brought up to date before publication in this volume.
The central event around which many of the chapters revolve is the economic crisis in East and Southeast Asia of 1997/1998, and its aftermath. The crisis revealed that the rapid economic growth of preceding years had not been accompanied by a matching development of social security systems. Papers published in this book provide evidence that the increase in poverty and vulnerability that followed upon the crisis was in many cases further aggravated by the enforcement of deregulation and privatization under the leadership of IMF and World Bank, and in the spirit of the neo-liberal “Washington Consensus”. In response to these developments, and acting upon what came to be known as “Post-Washington-Consensus”, governments assumed a more active role in alleviating poverty and providing social security. Liberalization, privatization and globalization are nevertheless still the most important forces shaping social policies and social conditions in this region.
A telling example of the contradictions that can be caused by a parallel commitment to economic growth and social security is provided in the paper by Wolfram Schaffar on health policies of the recently deposed Prime Minister of Thailand, Thaksin Shinawatra. Thaksin started his career on a predominantly social agenda in defiance of neo-liberal principles imposed by the IMF, but later turned into an avid promoter of economic growth through liberalization. How one agenda can cancel out the other is exemplified by the state-financed health insurance scheme for all Thai nationals, which earned Thaksin a reputation for really caring about the poor, but which was later undermined by his efforts to turn health services into a growth industry. The promotion of private hospitals catering mainly to the growing number of medical tourists caused an internal drain of medical personnel from government to private hospitals, which in the end resulted in a deterioration of health services for those who cannot afford treatment in private hospitals.
This topic is once more taken up in the paper by Walter Kieweg which analyses poverty reduction strategies of World Bank, ADB and EU, and which comes to the conclusion that the strategies of these organizations are still in the spirit of the “Washington Consensus”, aiming for economic growth rather than directly targeting the poor.
Two papers deal with the labour market in China. Nils Mevenkamp focuses on unemployment in urban areas, while the paper by Hans Bass analyses the effects of China’s accession to WTO on employment. Both agree that the effects of liberalization are not entirely positive. Mevenkamp addresses in this context a specifically Chinese problem: the registration of people as either urban or rural dwellers as the cause of the urban-rural gap, which is (re-)emerging as one of the major social challenges in China. Statistical distortions related to this registration system, moreover, account for the “invisibility” of a large number of unemployed people, especially in urban areas, where poverty apparently exists at a much larger scale than is officially acknowledged.
Kristin Kupfer explores the role of religious groups in providing social services in China, where government-sponsored security systems went into decline after liberalization and made room for the private sector. That many Chinese are turning to religious organizations such as Christian and Qigong-groups is interpreted by the author to express a yearning for ideals of justice and equality, which are no longer represented by the CP.
The three papers on the Philippines, authored and co-authored by Niklas Reese, stand out from among the others on account of the engaging and emphatic style in which they have been written, and because one of them introduces the important issue of international labour migration. The paper on social insecurity in the Philippines is marred, however, by a number of linguistic ambiguities such as the choice of the word “Betroffenheit” for “exposure”, which in German is more often used in the sense of “bewilderment” or “concern”, and the word “Umgangsformen”, obviously intended to stand for “ways of dealing (with insecurity)”, which is more commonly used in the sense of “manners”.
In two papers Karl Husa and Helmut WohlschlÄgl treat the problem of the aging of societies, and the development of security systems for old people in Southeast Asia. The aging of societies, while still in its early stages, is likely to proceed at a much faster rate than in industrialized countries and to eventually outpace economic growth. The more developed countries of Southeast Asia will therefore face the need to develop support structures for a rapidly increasing number of old people relatively soon. So far, social security systems are not very well developed and mostly benefit, where they exist, those employed in the formal sector. People in rural areas and in the informal sector still rely largely on support through family and community. Even in Thailand, where government support for the elderly has been provided since 1993, the vast majority of people still depends on the family.
The papers in this volume are, on the whole, of a very good quality and provide a comprehensive insight into core problems of social insecurity in the region. One could have wished, however, for the papers, which follow upon each other in an apparently random sequence, to have been arranged more meaningfully according to region or subject.
Häckel, Hans: Meteorologie. 6., korr. Aufl. 447 S., 199 Abb. und 29 Tab. UTB 1338. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, € 29,90
Die in der 6. Auflage erschienene „Meteorologie“ von Häckel wendet sich in erster Linie an Studierende, die das Fach Meteorologie oder Klimatologie im Nebenfach belegen. Das Buch ist in 8 Kapitel gegliedert, enthält ein ausführliches Literaturverzeichnis und ein Sachregister. Ferner wurde ein Anhang mit Internetadresse beigefügt, unter der sich der Leser über „Schwankungen und Veränderungen des Klimas“ informieren kann.
Der Text ist flüssig geschrieben und enthält zahlreiche Abbildungen, die die textlichen Ausführungen gut ergänzen. Jedes Kapitel endet mit einer Reihe von Verständnisfragen. Einige davon werden beantwortet, die meisten müssen sich dem Leser jedoch durch das Textstudium erschließen.
Zum Inhalt:
In Kapitel 1 („Atmosphäre“) wird kurz auf ihre Geschichte, Zusammensetzung und die Wirksamkeit wichtiger Spurengase eingegangen. Ferner werden didaktisch gut aufbereitet die Luftdruckveränderungen mit der Höhe dargestellt sowie auf vertikale Temperaturgradienten eingegangen und die Ausbreitung von Luftverunreinigungen behandelt. Zum Teil wird jedoch Literatur verwendet, die gerade bei der Behandlung wichtiger Spurengase und deren Auswirkungen (z. B. Methan und Ozon, S. 28, 33, 36) auf einen aktuelleren Stand hätte gebracht werden sollen.
Kapitel 2 („Wasser“) stellt den längsten Textabschnitt des Buches dar. Hierin werden die geographische Verteilung und die Gesetzmäßigkeiten des Wassers in der Atmosphäre, Feuchtemaße sowie die für das Wettergeschehen in der Atmosphäre wichtigen Phasenübergänge behandelt. Veraltete Begriffe (wie„Volumenwärme“, S. 75 statt „Wärmekapazitätsdichte“). sollten nicht verwendet werden. Auch bleibt unklar, warum nicht durchgängig SI-Einheiten Eingang in den Text gefunden haben (S. 76ff.). Eine Marginalie: Wenn in Zusammenhang mit Literaturbezügen von „in jüngerer Zeit“ (S. 102) gesprochen wird, dann erscheinen Zitationen aus den Jahren 1980 als längst überholt (siehe auch Kapitel „Smog“, S. 107/108).
Kapitel 3 („Strahlung“) beschäftigt sich neben der Darstellung der wichtigsten Strahlungsgesetze und den Strahlungsumsätzen an verschiedenen Oberflächen mit der Wirkung der lang- und kurzwelligen Strahlungsströme sowie abschließend mit den optischen Erscheinungen in der Atmosphäre. Die insbesondere von Geographen gerne benutzten Isoplethendiagramme (z.B. S. 215) sollten von der alten Einheit cal/(cm2 h) in die SI-Einheit W/m2 umgerechnet und neu gezeichnet werden.
Dem Kapitel Strahlung schließen sich mit Kapitel 4 („Energiehaushalt der Erdoberfläche“) kurze Betrachtungen zu den Termen der Energiebilanz für die einzelnen Umweltmedien an. Dabei wird mit einfachen Analogiemodellen auf den Wärmetransport im Boden eingegangen, der Bodenwärmestrom behandelt und Unterschiede für bewachsene und unbewachsene Oberflächen herausgestellt. Zur Berechnung der turbulenten Flüsse von sensibler und latenter Wärme wird aus didaktischen Gründen sinnvollerweise der Gradientansatz herangezogen (S. 238, 243). Hingewiesen werden sollte in einem Lehrbuch des Jahres 2008 aber auch auf die Tatsache, dass heutzutage direkte Messungen und entsprechende Berechnungen der genannten Flussgrößen mittels der Eddy-Kovarianz-Methode vorgezogen werden.
Kapitel 5 („Wind“) erläutert die Entstehung des Windes und beschäftigt sich mit den klein- und großräumigen Windsystemen. Als gelungen anzusehen ist die einfache Präsentation der Coriolisbeschleunigung auf bewegte Massen. Das Kapitel schließt mit der Behandlung von Windschäden und Windschutz. Im Abschnitt Turbulenz würde man neben einer über die reine Beschreibung hinausgehenden Behandlung des Themas auch kurze Hinweise auf Turbulenzparameter und Berechnungsmöglichkeiten erwarten.
Kapitel 6 befasst sich mit der „Dynamik der Atmosphäre“. Ein Kapitel, das in den Vorlesungen zur Klimatologie eine nach wie vor große Rolle spielt.
Kapitel 7 ist dem „Klima“ gewidmet. Nach entsprechenden Definitionen wird die Größenskala des Klimas beschrieben, die Charakteristika des Weltklimas behandelt und schwerpunktmäßig auf Probleme des Geländeklimas eingegangen. Hier erfährt der Leser z. B. Einzelheiten über die Wirkung unterschiedlich stark ausgeprägter Grenzschichten an Pflanzen auf die Temperatur der Blattorgane. In Abb. 172 (S. 370, „Blatttemperatur in Abhängigkeit von der Blattgröße“) sollte es richtigerweise Globalstrahlungsstromdichte und nicht Strahlungsbilanz heißen, denn letztgenannte würde Werte von 1,0 kW/m2 nicht erreichen können.
Kapitel 8 („Messung meteorologischer Größen“) beschließt den Textteil des Buches. In diesem Abschnitt werden die verschiedenen – allerdings klassisch zu nennenden – Messverfahren beschrieben, da diese „noch Einblick in ihre Arbeitsweise geben und einen Erlebniswert“ (S. 374) besitzen. Derjenige Leser, der sich mit den in der heutigen Zeit eher vorherrschenden „Black Box“ Geräten beschäftigen möchte, wird auf entsprechende VDI Richtlinien zur Messtechnik (VDI 3786) verwiesen.
Warum die vorliegende 6. Auflage als „korrigierte Auflage“ überschrieben ist, wo doch sämtliche inhaltlichen Fehler und selbst die Druckfehler der 5. Auflage übernommen wurden, bleibt ein Geheimnis des Verfassers und des Verlages.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das vorliegende Lehrbuch im Laufe der Jahrzehnte seine Leserschaft gefunden hat. Es stellt insbesondere für die „Nebenfächler“ wegen seiner didaktisch guten Aufbereitung ein zu Recht gerne zur Hand genommenes Werk dar.
Niedzballa, Uwe: Mobilität im Großraum Algier vor dem Hintergrund der siedlungsstrukturellen Dispersion und der Liberalisierung im Verkehrsmarkt. 134 S., 42 Abb. und 25 Tab. Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung 20. Verlag MetaGIS Systems, Mannheim 2008, € 24,-
The objective of the work presented by Niedzballa, is to eliminate the discrepancies between transport provision and the demand for transport in the metropolitan region of Algiers and to examine their main causes and effects. Courses of action have been developed from this, which contribute to a sustainable and integrated transport system for the metropolitan area of Algiers, with which in addition to transport, the urban-structural framework conditions and developments had to be observed and considered appropriately in the options.
To date, the public transport provision in Algiers has been dominated to a large extent by buses and taxis taking specific routes. As a result of the continuing growth of towns and cities and the increasing urban-structural spread in the bay of Algiers, these transport systems are, however, no longer in the position to satisfy the demand at the requisite level. Permanently overcrowded buses, which only move at snail’s pace during the rush hour, are a topic on the agenda. The state reacted to this development with a comprehensive liberalisation of the transport market. However, the implementation of a planned Mass Rapid Transit-System has still not been realised to date.
In the first chapter of his work, a general, theoretical introduction and approach to the topic is made. Chapter 2 gives an insight into the essential problems, which are responsible for the urbanisation processes described in the developing countries and emerging markets. One of these future challenges is posed by the area of urban transport systems, the presentation of which is focused upon in the third chapter. In addition to the characteristic hallmarks, the shortcomings of this transport situation and the emerging negative consequences for the densely populated areas and the resident population are particularly discussed. Chapter 4 gives an historical summary of the origin of the metropolitan region of Algiers and reveals the consequences of a town/city planning, described as having collapsed. With the analysis of the current transport market for private suppliers, the individual modes of transport in operation are worked on in detail and analysed with regard to their capacity and their share in the overall transport provision. The mobility requirements of the population arising from in-situ surveys are contrasted with these provisions in Chapter 5. Based on the so-called data acquired on the behaviour in the respective spheres of action and the mobility requirements of the population, the formulation of possible courses of action subsequently follow in the last chapter.
Against this background, the concern of this study is to record the mobility requirements of residents in the metropolis of Algiers by selecting a sub-area as an example and to contrast the choices for a solution by way of existing transport options. The analysis forms the focal point between relation of provision and the situation of demand to develop from fundamental considerations, stemming from this knowledge, for the improvement of the transport situation in Algiers as a basis for a sustainable local public transport concept.
The urban-structural defects not only have in consequence an impact on the shape and functional structure of the urban centre, but also prevent the further development of the local public transport provision in many areas into a sustainable system for the metropolitan area. Last but not least, consequently transport planning in the past could increasingly be only a reaction to existing urban-structural structures, the provision of public transport in Algiers also shows distinctive deficits. The fact that particularly areas outside the town/city are affected by these shortfalls in the local public transport provision – and thus, a considerable part of the residents in Algiers – is pointed out by the author’s results.
Wehrhahn, Rainer (Hg.): Risiko und Vulnerabilität in Lateinamerika. 316 S., 50 Abb. und 13 Tab. Kieler Geographische Schriften 117. Selbstverlag des Geographischen Instituts der Universität, Kiel 2007, € 16.50
Der Doppelband umfasst 15 Beiträge, die auf einer in 2007 in Kiel veranstalteten Tagung zu dem im Titel genannten Thema vorgestellt wurden sowie drei aus dortigen Posterpräsentationen entstandene Aufsätze.
Sicherlich ist dem Herausgeber unumwunden zuzustimmen, dass Risiko und Vulnerabilität in Lateinamerika „feste Größen wissenschaftlicher Untersuchungen“ sind (S. 1). Während aber durch natürliche Prozesse (Erdbeben, Hurrikans etc.) verursachte Risiken mit ihren physio- wie anthropogeographischen Folgen schon länger im Mittelpunkt von Forschung und Politik stehen, gewinnen die „sozialwissenschaftliche Dimension der Problematik und die gesellschaftstheoretische Verankerung“ (S. 1) der entsprechenden Untersuchungen erst an Bedeutung bzw. spiegeln sich neuerdings in den Untersuchungskonzepten und in den folgenden Ergebnisinterpretationen stringent wider.
Leider wird dieser Anspruch nur in einigen Beiträgen eingelöst. Zu nennen sind hier vor allem die von V. Deffner und E. Rothfuß über Salvador/Bahia, der „Eukalyptus“-Diskurs von T. T. Schmitt, aber werden dazu Hinweise auf die „konstruktivistische Sichtweise des diskursanalysierenden und somit diskursproduzierenden Autors“ benötigt?; (S. 107) und auch der von V. Sandner Le Gall über die Überlebenssicherung indigener Gesellschaften an der Karibikküste Nicaraguas. Theoretisch durchaus fundiert erscheinen m.E. auch die Artikel von M. Neuburger über die Perspektiven ländlicher Räume unter dem Risiko der Globalisierung (allerdings mit Schwächen in den „historischen Perspektiven“) oder von A. B. Dröger zu den Entwicklungspfaden des Zuckerrohranbaus in Guayana.
Bei den anderen Studien gewinnt man den Eindruck, dass sie z.T. keinen Ausweg aus dem „Dschungel der Risikobegriffe“ (S. 10) gefunden haben und das Karrierekonzept der Verwundbarkeit nur traditionell-randlich einbeziehen. M. Coy hat aber in seinem Einführungsbeitrag diese Begriffe eindeutig dargestellt und vor dem Hintergrund der geographischen Lateinamerika-Forschung auch interpretiert.
Es lohnt sich, diesen wahrlich bunten „Aufsatzstrauß“ allein schon wegen der herausgestellten, theoretisch fundierten Beiträge zur Risiko- und Vulnerabilitätsforschung zur Hand zu nehmen.
Fortey, Richard: Der bewegte Planet. Eine geologische Reise um die Welt. VIII und 424 S., 71 schwarzw. Abb. und 77 farb. Abb. Spektrum Akademischer Verlag, München 2005, € 30,- / sFr 48,-
Schon das Cover von Richard Forteys Buch lässt die Labilität unseres Planeten erahnen. Man braucht die Wollsäcke aus Granit nur gedanklich anzutippen und sie geraten ins Wanken. Die dynamische Geologie der Erde ist das Leitthema der Reise um und in die Erde, zu der der Autor einlädt. Dieser Einladung zum Besuch der wichtigsten geologischen Schauplätze der Erde sollten Sie unbedingt folgen! Es wird eine fantastische Reise, die Sie so schnell nicht loslässt. Nach Hans Cloos’ Gespräch mit der Erde ist dies ein seit langem überfälliger wissenschaftlicher „Abenteuerroman“, in dem Fortey mit einem literarischen Husarenstück auch dem geologischen Laien das unveränderlich erscheinende Gesicht der Erde, der Gebirge, großen Tiefebenen und Ozeane vorstellt. Bis in die Details der vielfältigen geologischen Prozesse dringt er vor, mit einer selbst für den Fachkollegen erstaunlich Tiefe und versteht es meisterlich, diese in eine allgemein verständliche, lebendige Sprache zu verpacken. Von den Vulkanen Italiens schlägt Fortey eine Brücke über die Alpen und ihre Bildung zu den komplexen Vorgängen der Plattentektonik und den daraus entstandenen Gebirgen der alten Kernregionen unseres Planeten. Die lebendige Beschreibung der Bildung von magmatischen Gesteinen, der Entstehung von Erdbeben und letztlich des Aufbaus der Erde und den Prozessen, die tief im Inneren des Planeten ablaufen, fasziniert nicht nur den Leser, sondern erreicht streckenweise wissenschaftsphilosophischen Tiefgang. Fortey baut Brücken zwischen der geologischen Vergangenheit der wichtigsten Landschaften, deren Naturgeschichte und der kulturellen Entwicklung der Menschen, die unverrückbar mit dem geologischen Erbe derer Lebenswelt verknüpft ist.
Der bewegte Planet ist keine trockene Beschreibung geowissenschaftlicher Zusammenhänge, wie sie vielfach existiert, sondern ein literarischer Genuss der Geologie, wie ich ihn bisher nur selten erlebt habe. Der Paläontologe Richard Fortey, mehrfach mit internationalen Preisen der Wissenschaftsliteratur ausgezeichnet und bekannt aus Wissenschaftssendungen der BBC übertrifft sich in diesem Buch selbst. Für den brillanten Stil, auch in der deutschen Fassung, trägt allerdings wohl auch der Übersetzer Jens Seeling seinen Teil bei!
„Der bewegte Planet“ ist eine überaus positive Ausnahme in der Flut der geologischen allgemeinwissenschaftlichen Literatur. Es lohnt sich Richard Fortey bei seiner Reise zu begleiten.